Auch in Berlin weiter keine Open-Source Wahlsoftware
Bei den Wahlen in Brandenburg und Sachsen ist es zu Rechenfehlern gekommen. Ursache waren Probleme bei der eingesetzten Wahlsoftware. Der Chaos Computer Club (CCC) hat dies erneut zum Anlass genommen, die Offenlegung des Quellcodes der Wahlsoftware zu fordern.
Auch in Berlin wird eine proprietäre Wahlsoftware eingesetzt. Daher habe ich den Senat gefragt, welche Rolle die Offenlegung des Quellcodes (Open Source) der Wahlsoftware in Berlin spielt (Drucksache 19/20409). Die Antwort zeigt das fehlende Problembewusstsein des Senats. Demnach ist ein offener Quellcode bisher kein Kriterium bei der Ausschreibung. Dazu verlängert sich der Vertrag für die derzeitig genutzte Wahlsoftware jeweils um ein Jahr, wenn er nicht gekündigt wird.
Bereits in den Jahren 2018 sowie 2020 hatte ich das Thema Wahlauswertungssoftware auf die politische Tagesordnung gesetzt. Ich bin überzeugt, dass auch im Jahr 2024 gilt: Wenn das Vertrauen in die Demokratie nicht immer wieder aufs Spiel gesetzt werden soll, dann müssen Informationen über Algorithmen und Softwareprodukte bei demokratischen Wahlen veröffentlicht werden, ohne dass überhaupt jemand danach fragen muss.
1. Bis wann läuft der Vertrag für die derzeitig genutzte Wahlsoftware in Berlin?
Der Vertrag für die derzeitig genutzte Wahlsoftware ist ohne konkrete Befristung angelegt und verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn er nicht gekündigt wird.
2. Welche Rolle spielt die Offenlegung des Quellcodes (Open Source) einer Wahlsoftware in den Überlegungen eines neuen Vertrags oder einer eventuellen Eigenentwicklung des Senats?
Das Offenlegen von Quellcodes war und ist in Berlin bisher kein Kriterium im Rahmen der Ausschreibung der Wahlsoftware. Eine Eigenentwicklung von Wahlsoftware ist nicht vorgesehen.
3. Wie bewertet der Senat die Forderungen des Chaos Computer Clubs (CCC) vom 05.09.2024 zur quellen offenen Wahlsoftware? (veröffentlicht mit dem Titel „Wahlsoftware: offene Quellen – Weniger Missverständnisse“)
Der Senat ist grundsätzlich der Auffassung, dass Transparenz, Sicherheit und Digitale Souveränität von Software im Allgemeinen von höchster Bedeutung sind und durch den Einsatz von Open-Source-Software unterstützt werden. Voraussetzung für den Einsatz von Open-Source-Software ist jedoch, dass im konkreten Anwendungsfall die rechtlichen und sonstigen Rahmenbedingungen insbesondere mit Blick auf nachhaltige Informationssicherheit erfüllt werden. Dies gilt in besonderem Maße für die Manipulationssicherheit von Wahlen bzw. der Veröffentlichung von Wahlergebnissen. Hier sind ggf. weitere Entwicklungen zu prüfen.
4. Welchen Kenntnisstand hat der Senat zur länderübergreifenden Initiativen für die eigene Entwicklung einer Wahlsoftware?
Nach der Kenntnis des Senats werden teilweise Eigenentwicklungen der Länder sowie kommerzielle Software zur Ergebnisermittlung und Ergebnisdarstellung auf Ebene der Bundesländer genutzt. Bestrebungen zur Nutzung einer deutschlandweit einzusetzenden Software sind nicht bekannt.
5. Welche Maßnahmen werden für die kommenden Wahlen ergriffen, um Rechenfehler wie bei der Kommunalwahl in Brandenburg und bei der Landtagswahl in Sachsen in diesem Jahr zu vermeiden?
Im Vorfeld sämtlicher berlinweit durchzuführenden parlamentarischen Wahlen sowie im Rahmen von Volksentscheiden werden zusammen mit dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (AfS) umfangreiche Wahltests durchgeführt. Dabei werden von der Dateneingabe, Datenermittlung bis hin zur Ergebnisdarstellung, sowie für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen auch die Berechnung von Mandaten, getestet. Bevor eine Veröffentlichung im Internet erfolgt, wird durch das Prüfteam im AfS nochmals kontrolliert, ob die durch das Fachverfahren ermittelten Daten korrekt sind.
6. Welche Maßnahmen trifft der Senat zur digitalen Sicherheit der Wahlen auf Bundes- und Landesebene im Land Berlin für die nächsten Jahre?
Die ordnungsgemäße Durchführung von Wahlen hat insbesondere auch im Kontext der Informationssicherheit für den Senat höchste Priorität. Der Einsatz der landesweit zur Verfügung gestellten Komponenten von Informationstechnik erfolgt unter Berücksichtigung der dort jeweils etablierten Sicherheitsbausteine. Soweit bundesweite Wahlereignisse betroffen sind, ist die Einbindung des Landes Berlin in entsprechende bundesweite Maßnahmen sichergestellt. Aktuell hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zur Informationssicherheit bei bundesweiten parlamentarischen Wahlen eine Fortschreibung des Grundschutzprofils „Schnellmeldung“ angekündigt. Auch diese wird in der Berliner Wahlorganisation zu berücksichtigen sein.