Bits & Berlin – Newsletter – 09/2024
In meinem Newsletter “Bits & Berlin” möchte ich wie gewohnt über aktuelle Themen aus meiner Arbeit zur Verwaltungsmodernisierung und -digitalisierung informieren. Themen nach der Sommerpause sind: ein Sachstand zur eAkte, TOP 100 Dienstleistungen der Verwaltung, die Zuständigkeit für die Marktüberwachung von KI, die anstehende Windows 11 Umstellung sowie unsere Bürgerämter mit Neuigkeiten zum “14-Tage-Ziel” und Einsatzkonzepten der Bürgeramtskoffer.
Zu Beginn ein aktueller Sachstand zum Thema Verwaltungsmodernisierung. Die Senatskanzlei hat am 11. September 2024 eine Diskussionsgrundlage zum neuen Berliner Landesorganisationsgesetz veröffentlicht (dieses soll das bisherige “Allgemeine Zuständigkeitsgesetz” ersetzen).
Das vorliegende Eckpunktepapier bietet, wie kaum eine Initiative zuvor, die Chance, Berlin zu einer funktionierenden Stadt zu machen. Der bisherige breit und inklusiv angelegte Prozess, bei dem insbesondere Expert*innen aus der Verwaltung und Zivilgesellschaft, aber auch die Fraktionen im Abgeordnetenhaus beteiligt wurden, hat sich dafür sehr gut bewährt. Deshalb sollten sich nun alle Akteur*innen weiterhin konstruktiv am verabredeten Verfahren beteiligen und nicht auf kurzfristige parteipolitische Machtvorteile schielen.
Bereits am 9. September 2024 lud das Berlin-Forum zum Thema „Zukunft Verwaltung“ ein. Für den Senat war die Staatssekretärin Martina Klement anwesend. Sie hatte die Eckpunkte für das neue Landesorganisationgesetz mitgebracht und diese ausführlich vorgestellt. Das Forum wurde aufgezeichnet und kann auf YouTube nachgehört werden.
Ausschuss Digitalisierung und Datenschutz – 9. September
Auf der Tagesordnung des Ausschusses für Digitalisierung und Datenschutz am 9. September (Aufnahme auf YouTube) stand die Debatte zum Thema „Aufsicht über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz: Marktüberwachungsbehörden im Rahmen der KI-VO“ sowie der aktuelle Stand der Umstellung der Berliner Verwaltung auf Windows 11.
Anbindung an die eAkte weiterhin schleppend
Im Herbst erfolgt das nächste Update der eAkte auf die Version 9.1. Darauf folgt die Version 9.2, welche dann “endlich” die Abnahmefähige sein soll. Das bisherige Rollout-Konzept wurde überarbeitet: statt die eAkte einfach nur einzuführen, steht den Verwaltungen nun Beratung und Leitfaden zur Seite. Ernüchternd ist jedoch die Anbindung der Fachverfahren an die eAkte. Laut Senat soll bis Ende 2024 nur ein einziges Verfahren angebunden werden.
Wer nutzt eigentlich Online-Dienste der Berliner Verwaltung?
Im August habe ich nach der Online-Nutzung der TOP 100 Dienstleistungen in Berlin gefragt.
Erstaunlicherweise kann der Senat nicht sagen, welche dieser Vorgänge von den Bürger*innen digital und welche offline erledigt werden. Im Ausschuss stellte der Senat klar, dass zu den Diensten im Bürgeramt die Zahlen vorliegen. Nur für andere Senatsverwaltungen sei dies oft unbekannt.
Ich würde sagen: Der Senat muss schnellstmöglich herausfinden, bei welchen online verfügbaren Dienstleistungen es Handlungsbedarf in Sachen Werbung gibt. Sonst ist eine effektive Steuerung ja nicht möglich.
Marktüberwachung von KI-Einsatz
Mit dem Positionspapier Nationale Zuständigkeiten für die Verordnung zur Künstlichen Intelligenz (KI‐VO) hat die Datenschutzkonferenz eine Debatte darüber angestoßen, wer die Aufgaben der Marktüberwachung im Bereich künstliche Intelligenz übernehmen soll. Diese Aufgabe leitet sich aus dem AI Act der EU ab. Anfang 2025 treten die ersten Bestandteile in Kraft (eine detaillierte Timeline gibt es auf www.artificialintelligenceact.eu).
Die Datenschutzkonferenz plädiert für BfDI und Landesdatenschutzbehörden: Diese sind nach der DSGVO ohnehin an vielen Stellen zuständig. Sie haben einen breiten Erfahrungsschatz und würden Unternehmen und Bürger*innen eine einheitliche Behörde zum Ansprechen bieten. Dies sei zwar mit einem Stellen aufwuchs verbunden, der jedoch ohnehin nötig ist, um die entsprechenden Kompetenzen für KI im Bereich des Datenschutzes aufzubauen.
Die CDO hält die Argumente für schlüssig und kann sich vorstellen, dass Berlin sich die Position zu eigen macht. Derzeit wird das Thema in den Gremien besprochen, eine eindeutige Position hat Berlin also bisher nicht.
Mir ist wichtig, dass es dezentrale Ansprechpartner*innen mit einheitlichen Antworten gibt.
Die Datenschutzbeauftragte von Berlin, Maike Kamp, verwies darauf, dass auch Unternehmen aus der Wirtschaft eine Verantwortlichkeit bei der DSK wünschen (zum Nachhören auf YouTube):
„Warum ist das so? Weil natürlich auch Zalando sieht, dass sie unglaubliche Aufwände haben, wenn sie mit verschiedenen Behörden kommunizieren müssen und sie sehen wirklich dieses Argument der Aufsicht aus einer Hand.“
„Auf der anderen Seite muss man einfach auch sehen, was ist mit der KI-Verordnung geschaffen worden? Das ist ein einmaliges Rechtsinstrument, international. Die KI-Verordnung stellt den Menschen in den Vordergrund.“
„Die KI-Verordnung sagt, wir wollen Innovation, aber wir wollen auch Grundrechtsschutz, wir wollen auch Menschenrechtsschutz.“
„Innovation muss, so jedenfalls sieht es die KI-Verordnung, so, sieht es der europäische Gesetzgeber, soll auch in dem im Rahmen der geltenden Gesetze und auch unter der Berücksichtigung des Grundrechtsschutzes erfolgen und diese Balance zu treffen, das machen wir tagtäglich. Tagtäglich sind wir genau an dieser Schnittstelle.„
Blinde Flecken bei der Umstellung auf Windows 11
Ende Oktober 2025 läuft der Support für Windows 10 aus. Das bedeutet: es gibt keine Softwareupdates und auch keine Sicherheitspatches. Das ist ein Problem für die Berliner Verwaltung, denn der Senat hat es verpasst, rechtzeitig auf einen souveränen Arbeitsplatz zu wechseln und muss jetzt auf Windows 11 setzen.
Im Ausschuss sollte der Senat berichten, wie der Wechsel auf Windows 11 vorangeht. Die große Herausforderung ist dabei die dezentrale Umstellung der Arbeitsplätze. Dafür hat das ITDZ eine Task-Force eingerichtet, welche die einzelnen Verwaltungen unterstützt. Die größte Hürde bleiben jedoch die Fachverfahren, die ja auch auf Windows 11 laufen müssen.
In der Sitzung habe ich mich erkundigt, ob die CDO eine Übersicht hat, welche Fachverfahren Windows 11 unterstützen, welche nicht, und wie Schritte zur Aktualisierung aussehen. Die CDO erklärte: Alle drei Monate erfolgt eine Umfrage bei den Fachverfahrensverantwortlichen – aber die Antwortrate liegt nur bei 30 %. Das kommt einem Blindflug gleich.
Immerhin: alle Arbeitsplätze, welche in den vergangenen vier Jahren über den Webshop des ITDZ eingekauft wurden, sind Windows-11-fähig. Zudem ist der Wechsel auf Windows 11 weniger aufwendig als bei Windows 10. Die Computer werden vollständig neu aufgesetzt, mit einer Konfiguration von Windows 11, welche Funktionen wie die Windows KI “Cockpit” und die Windows Cloud deaktiviert und damit dem europäischen Datenschutzrecht entspricht.
Am Ende der Debatte haben wir beschlossen, den Tagesordnungspunkt „Windows 11 – Stand der Umstellung“ zu vertagen und erneut aufzurufen.
Unterausschuss Bezirke, Personal und Verwaltung sowie Produkthaushalt und Personalwirtschaft – 11. September
Auf der Tagesordnung des Unterausschusses am 11. September (Aufnahme auf YouTube) standen Berichte zur #Neustartagenda, dem 14-Tage-Ziel, Bürgeramtskoffer, Ordnungsämter, Standesämter und des digitalen Posteingangs.
#Neustartagenda – am “stets bemüht” gerade vorbei
Mit dem Zwischenbericht zur #Neustartagenda wird über die 15 gesamtstädtischen Zielvereinbarungen berichtet (Rote Nr. 0400). Im Ausschuss habe ich mich erkundigt, ob die Erfahrungen mit den Zielvereinbarungen in den Prozess der Verwaltungstransformation und in das neue Landesorganisationsgesetz (dies soll das derzeitige Allgemeine Zuständigkeitsgesetz ersetzen) einfließen.
Dass von den 15 Zielvereinbarungen nach zwei Jahren noch so viele offen sind, zeigt wie viel Nachholbedarf der Senat in der gesamtstädtischen Steuerung hat.
Die CDO bezeichnet das Instrument als bewährt. SIe räumte aber auch ein, dass es verbessert werden kann. Verbesserung ist unter anderem durch die frühere Einbindung der Bezirke bei der Gestaltung der Zielvereinbarungen zu erwarten.
14-Tage-Ziel – Ja, nein, vielleicht?
Sowohl Fachverwaltungen als auch Bezirke zeigen mit dem neuen Bericht “Leistungsfähiges Bürgeramt” (Rote Nr. 1831), welche Maßnahmen ergriffen werden, um Bürger*innen die Möglichkeit zu bieten, innerhalb von 14 Tagen einen Termin beim Bürgeramt zu bekommen. Eine Übersicht der Maßnahmen findet Ihr hier.
In der Sommerpause stellte der Regierende Bürgermeister dann überraschend das 14-Tage-Ziel jedoch infrage. Ich wollte vom Senat im Ausschuss hören, was gilt: die Pressemitteilung des Bürgermeisters oder der Senatsbeschluss?
Die CDO meint: Wir halten am 14-Tage-Ziel fest und alle Maßnahmen werden weiterhin ergriffen. Sie konnte außerdem bestätigen, dass Mitte Oktober die digitale Wohnsitzanmeldung (eine Nachnutzung aus Hamburg) online geht.
Einsatzkonzept der Bürgeramtskoffer liegt vor
Mit dem mobilen Bürgeramtskoffer können Pass- und Personalausweisbehörden ihre Bürgerdienste standortunabhängig anbieten. Durch die Schaffung eines vollwertigen Arbeitsplatzes kann flexibel auf die jeweiligen Bedarfe der Bezirke und Antragstellerinnen sowie Antragsteller reagiert werden. Bisher wurden berlinweit neun Bürgeramtskoffer beschafft, welche aufgrund des technischen Rückstands nur noch geringfügig eingesetzt werden. Nun hat die Bundesdruckerei eine neue Version 2.2 des Bürgeramtskoffers entwickelt.
In diesem Jahr sollen davon insgesamt 14 Bürgeramtskoffer (Mobile Bürgerämter; siehe auch Rote Nummer 0123 A) 2024 gekauft und an die Bezirke verteilt werden. Jetzt liegt auch das Einsatzkonzept der Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg, Spandau, Steglitz-Zehlendorf und Mitte vor (Bericht 0266). Die Konzepte können auch hier nachgelesen werden.
Zukunft der Ordnungsämter
Mit dem Bericht zum Projekt „Zukunftsfähige Ordnungsämter“ (Bericht 0235 B) berichtet der Senat zu den Handlungsempfehlungen innerhalb der acht Arbeitspakete. Bis zum 4. Quartal 2024 soll es einen finalen Abschlussbericht geben. Die Übersicht der Arbeitspakete findet Ihr hier.
Von der CDO wollte ich im Ausschuss hören, wie der Vorschlag eines 24/7 Ordnungsamtes realisiert werden soll und finanziert wird – auch im Kontext der Handlungsempfehlung das Konnexitätsprinzip strikt einzuhalten. Die CDO musste zugeben, dass ein 24/7 Ordnungsamt kurzfristig nicht möglich sei.
Wie gut funktionieren unsere Standesämter?
Ob Geburt, Eheschließung oder die Meldung eines Sterbefalles: alles läuft über das Standesamt. Ob es dort einen Termin gibt, hängt vom Bezirk ab. Der neue Bericht (Bericht 0268) zeigt, dass es weiterhin erhebliche Unterschiede bei den Stellenbesetzungen gibt.
Der Anspruch muss sein, gleichbleibende Qualität der Standesämter über die Bezirke und über das Jahr hinweg zu garantieren! Welche Überlegungen gibt es, dass sich die Bezirke gegenseitig unterstützen? Mein Vorschlag weiterhin: einen “Springerpool für die funktionierende Stadt” und nicht nur für Bürgerämter. Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen) verwies in der Debatte dazu auf steigende Aufgaben durch Gesetzesänderungen des Bundes, welche jedoch nicht vom Senat durch zusätzliche Ressourcen im Haushalt 2024/2025 ausgestattet wurden.
Die CDO verwies auf zusätzliche zwei Stellen pro Bezirk und bezeichnete Digitalisierung als die beste Unterstützung für die Standesämter. Im Ausschuss sicherte sie zu, dass nach der Digitalisierung der Wohnsitzanmeldung, die Mitte Oktober 2024 online gehen soll, die Dienste beim Standesamt digitalisiert werden. Im Mai 2025 soll es dazu einen aktuellen Sachstandsbericht geben.
Digitaler Posteineingang wird weiter ausgebaut
Die digitalen Posteingänge sind dezentrale Scanstellen, welche Dokumente digitalisieren (laut dem EGovG Bln müssen ab 2025 alle Akten elektronisch geführt werden). Der aktuelle Stand (Bericht 0120 B): in elf Berliner Behörden wurden Scanstellen eingerichtet und in weiteren fünfzehn werden diese aufgebaut – Angaben, in wie vielen Behörden eine Scanstelle insgesamt eingerichtet werden sollen, fehlen.
Zudem gibt es Akzeptanzprobleme innerhalb der Verwaltung sowie zu wenig Raum und Personal. Gemeinsam mit der Beratung PD soll ein Lösungskonzept dieser Probleme entwickelt werden.
Ausschuss Digitalisierung und Datenschutz – 23. September
Heute schon mal eine kleine Vorschau auf die Tagesordnung des kommenden Ausschusses für Digitalisierung und Datenschutz am 23. September. Zusammen mit dem Ausschuss für Arbeit und Soziales sprechen wir den Status der digitalen Barrierefreiheit in Berlin.
Dazu wird die Berliner Datenschutzbeauftragte Maike Kamp den „Standardprozess Datenschutz“ vorstellen.
Und sonst so?
- Im Mai 2024 forderten Bündnis 90/Die Grünen den Sanat auf, für den Einsatz von automatisierten Systemen und Künstlicher Intelligenz (KI) in der Verwaltung durch ein Transparenzregister ein Mindestmaß an Transparenz zu schaffen. Seitdem veröffentliche ich Beispiele für ein solches Register. Der zweite Eintrag ist die Verwendung von KI bei der Steuerfestsetzung mittels Risikomanagementsystem (RMS).
- Ein neuer Bericht (Rote Nr.: 1469 A) zeigt das mangelhafte Engagement des Senats bei der nachhaltigen und fairen Verwaltungs-IT. Über die Ausreden, Beratungsaufträge und Prüfungen des Senats könnt Ihr in meinem Blog lesen.
- Berlin arbeitet an der Einführung von Low-Code Plattformen. Warum Low-Code für Berlin entscheidend ist, welche Plattformen infrage kommen und welche Vorgänge damit effizient digitalisiert werden können, erfahrt Ihr auf meinem Blog.
- Ich habe erneut die TOP 100 Dienstleistungen in Berlin angefragt. Nach wie vor weiß Berlin nicht, ob alle dieser Dienstleistungen medienbruchfrei sind, und auch die Nutzungszahlen sind unbekannt.
- Neben einer digitalen Visualisierung der Berliner Sozialdaten, gibt es seit Februar eine wissenschaftliche Begleitung für die Integrierte Armuts- und Sozialberichterstattung sowie seit Juli das Vorhaben “Soziales Berlin”.
- Am 26. Juni war der UN Tech Envoy zu Besuch in Berlin und ich habe mich erkundigt, ob ein Treffen mit dem Berliner Senat stattfand. Leider nein, aber die UN scheint am Standort Berlin interessiert zu sein.
- Netzpolitik.org veranstaltet die Konferenz “Bildet Netze!”, Themen waren Staatstrojaner, Chatkontrolle, digitale Gewalt, aber auch das Fedivers. Die Vorträge wurden live übertragen und können auf YouTube nachgeschaut werden.
- Eine zweite Empfehlung zum Nachschauen: auch die Sommerkonferenz des City Labs wurde aufgezeichnet und kann auf YouTube nachgeschaut werden. Beim City Lab dreht sich alles um die Schnittmenge zwischen Verwaltungstransformation und Digitalisierung.
Kommende Termine
23.09.2024 » Ausschuss für Digitalisierung und Datenschutz | Livestream
26.09.2024 » Plenum | Livestream
14.10.2024 » Ausschuss für Digitalisierung und Datenschutz | Livestream
16.09.2023 » Unterausschuss Bezirke, Personal und Verwaltung sowie Produkthaushalt und Personalwirtschaft | Livestream
17.10.2024 » Plenum | Livestream
21.10.2024 bis 2.11.2024 » Herbstferien
04.11.2024 » Ausschuss für Digitalisierung und Datenschutz | Livestream
Vielen Dank für’s Lesen
Stefan Ziller