„Zukunftsfähige Ordnungsämter“ – was wird auch umgesetzt?
Die Berliner Ordnungsämter sind neben den Bürgerämtern die Organisationseinheit mit vielen Antragstellenden (Privatpersonen und Unternehmen). Die Aufgaben der Ordnungsämter sind sehr heterogen, deshalb ist eine fachbereichsübergreifende Fachsteuerung, Organisations- und Personalentwicklung erschwert. Gleichzeitig haben sich die Aufgaben in den letzten Jahren erheblich ausgeweitet, ohne dass entsprechende Organisationsbetrachtungen und Personalbemessungen durchgeführt wurden. Daher hat sich er Senat im Jahr 2019 mit dem Projekt Zukunftsfähige Ordnungsämter (PDF) auf den Weg gemacht.
Das Projekt “Zukunftsfähige Ordnungsämter” umfasst demnach 8 Arbeitspakete (Bericht 0235). Mit dem aktuellen Bericht werden die beschlossenen Handlungsempfehlungen vorgestellt (Bericht 0235 B). Die Arbeitspakete 2 und 7, wurden bereits im Juli veröffentlicht. Ein finaler Abschlussbericht soll zum 4. Quartal 2024 fertig sein.
Im nächsten Schritt muss der Senat zeigen, dass er die Handlungsempfehlungen ernst nimmt und die Umsetzung angeht. Die Ordnungsämter brauchen klare Aufgabenzuweisung mit den dafür benötigten Ressourcen, erst dann lassen sich alle anderen Handlungsempfehlungen wie ein 24/7-Dienst in den Ordnungsämtern umsetzen. So steht im Bericht sehr deutlich: “Bei zukünftigen Aufgabenzuweisungen ist das Konnexitätsprinzip strikt zu beachten. Im Falle der Nichtbeachtung des Konnexitätsprinzips werden die Ordnungsämter die ihnen neu zugewiesenen Aufgaben nur im Umfang der vorhandenen freien Kapazitäten wahrnehmen können.” Wir werden die Umsetzung und auch das Zusammenspiel mit der laufenden Verwaltungsmodernisierung im Block behalten.
Arbeitspaket 1 Organisationsstrukturen, Aufgabenkritik und Regionalisierung
- 1. Eine Aufgabenübersicht/-landkarte der Leistungen der Ordnungsämter ist erarbeitet.
- Den Ordnungsämtern sind für die Wahrnehmung der bereits klar zugeordneten Aufgaben adäquate Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Insoweit wird auf das AP 2 „Bedarfsorientierte Ressourcenplanung“ verwiesen.
- Bei zukünftigen Aufgabenzuweisungen ist das Konnexitätsprinzip strikt zu beachten. Im Falle der Nichtbeachtung des Konnexitätsprinzips werden die Ordnungsämter die ihnen neu zugewiesenen Aufgaben nur im Umfang der vorhandenen freien Kapazitäten wahrnehmen können.
- Zur Wahrnehmung spezifischer Aufgaben, sofern diese in den Tätigkeitsbereich der Ordnungsämter fallen, ist durch die jeweils federführend zuständige Senatsfachverwaltung neben der aufgabenadäquaten Personalausstattung auch der Qualifizierungsbedarf der in dem jeweiligen Tätigkeitsfeld eingesetzten Dienstkräfte zu definieren und es müssen die Voraussetzungen für eine bedarfsgerechte Umsetzung der Qualifizierungsmaßnahmen geschaffen werden.
- 2. Regionalisierbare und zentralisierbare Aufgaben der Ordnungsämter sind identifiziert.
- Zentralisierung der Aufgabenwahrnehmung zur Kontrolle von Betrieben nach Preisrecht bei einer zentralen Marktüberwachungsbehörde (Landesamt).
- Zentralisierung der Handelsklassenkontrollen bei einer zentralen Marktüberwachungs- behörde (Landesamt).
- Einrichtung einer zweiten Tiersammelstelle in städtischer Trägerschaft.
- Zentralisierung der Kontrollen von freiverkäuflichen Arzneimitteln außerhalb von Apotheken und tierärztlichen Hausapotheken beim LAGeSo. Dieser Vorschlag wurde in der Entscheidungsinstanz durch das Veto der fachlich für die< Umsetzung zuständigen SenWGP abgelehnt, sodass dieser nicht in die Umsetzung gehen wird.
- 3. Kriterien zur Priorisierung von Leistungen der Ordnungsämter sind definiert.Eine Priorisierung der Aufgaben der Ordnungsämter wurde mehrheitlich von der Entscheidungs-instanz abgelehnt und kann daher nicht Grundlage weiterer Umsetzungsplanungen werden.
- Folgende Priorisierung der Aufgaben der Ordnungsämter wurde für sinnvoll erachtet:
- 1. Gefahr im Verzug / Eilt-Fälle (bspw. Tierseuchen, dringende Tierschutzfälle, Lebens-mittelinfektionen, Exportzertifizierungen)
- 2. Beschwerden, die nachfolgend (i.d.R. nach Überprüfung durch den Außendienst vorOrt) in Gefahr im Verzug / Eilt-Fälle bzw. nachrangige Priorisierungen einzustufensind.
- 3. Nachrangige Aufgaben
- 4. Die Aufbauorganisation des Ordnungsamts der Zukunft liegt vor.
- Es wird die Anwendung der dargestellten Aufbauorganisation einheitlich für alle 12 bezirk-lichen Ordnungsämter empfohlen. Abweichungen hiervon sollen lediglich in begründeten Ausnahmefällen erfolgen.
Arbeitspaket 3 Organisation Außendienst
- 1. Ein Umsetzungskonzept zur Verstetigung des Verkehrsüberwachungsdienstes (VÜD) ab 2024 liegt abgestimmt vor.
- Der Liefergegenstand wurde in die AG VÜD ausgelagert.
- 2. Ein Konzept für die an die Aufgaben angepasste Ausrüstung und Qualifizierung der Außendienstkräfte liegt vor.
- Der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) wird als ein bundeseinheitlicher Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz angestrebt. Berlin soll das notwendige Initiierungsverfahren starten.
- Der Teleskopschlagstock soll den derzeit im Einsatz befindlichen Gummi-Einsatzstock ablösen und neben dem AOD auch dem VÜD als Grundausstattung zur Verfügung stehen. Hierfür sind neben den notwendigen Rechtsänderungen auch die entsprechenden Voraus- setzungen hinsichtlich Qualifizierung, Einsatztraining und Wartung zu schaffen.
- Für die PRK-Kräfte sollen die Voraussetzungen für das Mitführen eines Reizstoffsprühgerätes (RSG) geschaffen werden. Für AOD und VÜD soll geprüft werden, ob die nächsthöhere Inhaltsgröße aus rechtlichen Gründen eingesetzt werden darf.
- Bodycams sollen künftig Teil der Ausstattung für die von der Politik festgelegten Tätigkeitsfelder in den Ordnungsämtern sein und dort anlass- und einsatzbezogen eingesetzt werden können. Hierfür sind neben den notwendigen Rechtsänderungen auch die entsprechenden Voraussetzungen hinsichtlich Qualifizierung, Einsatztraining und Wartung zu schaffen.
- Die derzeitige Grundqualifizierung des AOD soll für die Zeit bis zum Start des Ausbildungsberufs im Hinblick auf ihre Inhalte, Art und Umfang, auf die zu ändernde Ausstattung und die sich veränderten Rahmenbedingungen (einschließlich zunehmender Gewaltübergriffe) angepasst werden.
- 3. Die Aufbauorganisation und Aufgabenzuweisung der beiden Fachbereiche sind definiert.
- Es wird ein Musterordnungsamt mit den Fachbereichen: „Ordnung im öffentlichen Raum“,„Gewerbe“ und „Veterinär- und Lebensmittelaufsicht“ empfohlen.
- Unter Beachtung der Standardisierung von berlinweit einheitlichen Geschäftsprozessenerhalten die Bezirke in eigener Verantwortung den Gestaltungsspielraum zur Anpassungihrer jeweiligen Organisationsstrukturen im Fachbereich „Ordnung im öffentlichen Raum“an die jeweiligen bezirklichen Rahmenbedingungen.
- Abweichungen von den Organisationsstrukturen des Musterordnungsamts dürfen keinenEinfluss auf die medienbruchfreie Nutzung von IT-Fachverfahren haben und die einheitliche Erreichbarkeit muss für Polizei, Bürger und Bürgerinnen sowie andere Behörden gewähr-leistet sein.
Arbeitspaket 4 Zusammenarbeit Polizei und Ordnungsämter
- 1. Die Möglichkeiten zur Durchführung von Verbundeinsätzen in allen Bezirken sowie der Zusammenarbeit im Allgemeinen sind dargestellt.
- Verbesserung der Koordination von Verbundeinsätzen
- Einbindung der 12 Ordnungsämter in die Kooperative Leitstelle von Polizei Berlin und Berliner Feuerwehr durch Schaffung geeigneter organisatorischer Rahmenbedingungen (u.a. Aufbau bezirklicher Leitstellen)
- Gemeinsame Einsatzplanungen, u. a. mit der Polizei Berlin und der Berliner Feuerwehr über die Funktionalität der Kooperativen Leitstelle
- Behördenübergreifende Teambildungsmaßnahmen
- 2. Die Möglichkeiten zur Einbindung der Ordnungsämter in die Kooperative Leitstelle sinddargestellt.
- Einheitliche Strukturen der Ordnungsämter
- Vereinheitlichung der Kommunikationswege und Prozesse
- Einrichtung von Wachen/Leitstellen und konsequenterweise deren systemische und/oder schnittstellengestützte Anbindung an die Kooperative Leitstelle von Polizei Berlin und Berliner Feuerwehr
- 3. Die erforderlichen Einsatzzeiten in den Ordnungsämtern sind dargestellt.
- Vollständige und transparente Ist-Standerhebung zu Personalstärken, Einsatzzeiten undEinsatzzahlen
- Personalaufwuchs orientiert sich an zu entwickelnden Kennzahlen und Aufgabensowie Belastungen
- Zusätzliche Ausstattung mit Liegenschaften und Sachmitteln
- Einführung eines bedarfsorientierten Schichtdienstes
Arbeitspaket 5 Personalrekrutierung
- 1. Das Konzept für ein zentrales Auswahlverfahren für ausgewählte Tätigkeitsfelder (AOD,VÜD, PRK) ist erstellt.
- Das AP empfiehlt, die Ausschreibung von Stellen in den Ordnungsämtern in landesweit einheitlichen Aufgabengebieten zu zentralisieren. Hierbei sollen Synergieeffekte im Auswahlprozess benannt und genutzt werden und so analoge Verfahrensschritte zentralisiert durchgeführt werden.
- Voraussetzung dafür ist die Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle für die jeweiligen Tätigkeitsfelder.
- Das Auswahlgespräch sowie die abschließende Personalauswahlentscheidung sollen weiterhin ausschließlich im Zuständigkeitsbereich der Bezirke verbleiben.
- Voraussetzung für eine Zentralisierung sind jedoch einheitliche standardisierte Anforde- rungsprofile für jedes Tätigkeitsfeld.
- Im Rahmen des Umsetzungskonzepts sind die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen
zu klären.
- 2. Für die Mehrzahl der Tätigkeitsfelder in den Ordnungsämtern liegen Muster-BAKs und APsvor.
- Für die Bereiche des Ordnungsamts, in denen sich die Tätigkeitsfelder in den einzelnen Bezirken nicht grundsätzlich unterscheiden, empfiehlt das AP 5, die Anforderungsprofile abgestimmt auf die landeseinheitlichen BAKs anzupassen.
- 3. Eckpunkte für ein Konzept zur Entwicklung einer Imagekampagne für die Steigerung derPersonalgewinnung sind erstellt.
- Der Liefergegenstand wurde im Projektverlauf aus Gründen der Zeitknappheit ausgeklam-mert.
Arbeitspaket 6 Gesundheitsmanagement
- 1. Die vorliegenden Gefährdungsbeurteilungen (GBU) für den Außendienst der Ordnungsämter (AOD, VÜD, PRK) und die Anpassungsbedarfe sind in Abhängigkeit von AP 3 definiert.
- Die Gefährdungsbeurteilungen (GBUs) wurden bereits 2021 im Vorgriff auf das Projekt aktualisiert und sollen im Rahmen der fortlaufenden Evaluierungen weiter angepasst
werden.
- 2. Ein Konzept für eine (zentrale) psychologische Beratungsstelle für die Ordnungsamts-beschäftigten ist erstellt.
- Qualifizierung interner Ansprechpersonen (Gewaltlotsen), welche als erste und niedrigschwellige Anlaufstelle für die Vermittlung von weiterführenden Angeboten dienen.
- Qualifikation und Sensibilisierung von Führungskräften, z. B. als psychologische Erstbetreuer, damit diese proaktiv die Gesundheit der Mitarbeitenden fördern können und eventuelle Anzeichen von besonderer psychischer Belastung frühzeitig erkennen. So können Angebote des Gesundheitsmanagements zielgerichtet vermittelt werden.
- 3. Schulungspläne für Qualifizierungsmaßnahmen zur Stärkung der Eigensicherung und Deeskalation sind erstellt.Die Abstimminstanz des Projekts hat am 1. März 2023 entschieden, aufgrund fehlender Arbeits-kapazitäten in diesem AP die Bearbeitung zu streichen.
- 4. Eine berlinweite Statistik der Übergriffe auf Außendienstkräfte der Ordnungsämter istinitiiert.
- Die konzeptionelle Ausgestaltung der Statistik sowie die Eingabemaske zur Erfassung vonGewaltvorfällen wurden ausgearbeitet. Diese soll in den Bezirken genutzt werden.
- Langfristig wird eine elektronische Erfassung im Rahmen eines Fachverfahrens (oder einesModuls bestehender Fachverfahren) empfohlen (Finanzierungsvorbehalt).
- Aspekte, die im Rahmen eines Umsetzungsprojektes Berücksichtigung finden sollten:
- Resilienztraining
- Klärung der Rolle der Rechtsämter
- Veröffentlichung der Ergebnisse der Strafanzeigen-Anträge
- Akteneinsicht
- Notfalltaste MDE-Gerät bzw. Notfallknopf für Innendienstbeschäftigte
- Schulungen zur Bürosicherung der Innendienstbeschäftigten
- Auskunftssperren im Melderegister
- Vereinbarung der Bezirke über Mindeststandards zur Sicherheit von Dienstgebäudenund sicheren Abstellmöglichkeiten für Dienst-PKW
Arbeitspaket 8 Verfahrensabhängige und verfahrensunabhängige IKT-Strategie der Ordnungsämter
- 1. Ein BigPicture/Fachverfahrenslandkarte ist für die Ordnungsämter erstellt.
- Kontinuierliche Pflege der im Projekt erstellten Fachverfahrenslandkarte als zentrale Grundlage für die Weiterentwicklung der IT-Landschaft der Ordnungsämter und als Visualisierung komplexer Sachzusammenhänge und Schnittstellen zwischen den Fachverfahren.
- Pflege der gewonnenen Informationen in Form eines ergänzenden zentralen Katalogs (bzw. nach ITIL in Form eines „Configuration Management Systems“(CMS) = Einer Kombination von Tools, Daten und Informationen)
- 2. Ein Konzept für eine Gerätestrategie in den Ordnungsämtern ist erstellt.
- Für jeden Fachbereich/Tätigkeitsfeld (AOD, VetLeb, Gewerbe sowie Leitstelle) des Ordnungsamtes sollen gesonderte, regelmäßig tagende Anforderungsworkshops hinsichtlich einer optimalen Geräteausstattung des jeweiligen Einsatzbereichs durchgeführt werden.
- Dabei ist insbesondere auch zu klären, inwiefern künftig eine Mehr-Geräte-Strategie (unterschiedliche Hardware-Ausstattung je Teilbereich) oder eine one-device-Strategie verfolgt werden soll.
- Höhere Gewichtung von Ergonomie-Kriterien bei der Anschaffung von neuen Geräten
- 3. Die Anforderungsdefinition für die Weiterentwicklung von Fachverfahren der Ordnungs-ämter liegt vor.
- Empfehlung zur Einführung eines Tools/einer Plattform, welches/welche den Stakeholdern der verschiedenen Fachverfahren erlaubt, Bedarfe in ein System einzuspielen und dort zuverwalten bzw. weiterzuverarbeiten, ohne eine verpflichtende Nutzung für einzelne Teil-bereiche der Ordnungsämter. Diese Maßnahme steht unter Finanzierungsvorbehalt.
- In einem regelmäßig tagenden Fachverfahrensforum soll abgestimmt werden, welcheWeiterentwicklungsvorschläge für zukünftige Change Requests berücksichtigt werden sollen. In diesem Rahmen sind auch die finanziellen Auswirkungen zu betrachten.