15 Jahre „Biologische Vielfalt in Kommunen“ – Marzahn-Hellersdorf zwischen Fortschritt und Nachholbedarf
Am 9. November 2010 hat das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf die Deklaration „Biologische Vielfalt in Kommunen“ unterzeichnet. Heute – fast 15 Jahre später – zeigt sich: Es wurden Fortschritte erzielt, doch viele Maßnahmen bleiben punktuell und reichen angesichts der Herausforderungen nicht aus (Drucksache 19/22416).
Projekte wie das Schulwaldprojekt, Schwalbentürme oder naturschonende Pflege im LSG Hönower Weiherkette sind positive Schritte. Doch statt einer konsequenten Strategie zeigt sich oft Stückwerk. Auch bei der Verwendung gebietsheimischer Pflanzen steht häufig die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund – das Ziel, ausschließlich heimische Arten zu verwenden, wird nicht flächendeckend erreicht. Auch die Senatsverwaltung lobt den Bezirk, verweist aber auf künftige Strategien. Konkrete Ziele, Ressourcen oder verbindliche Vorgaben bleiben jedoch vage. Dabei braucht es genau das – vor allem im Angesicht des Klimawandels, der die größte Bedrohung für die biologische Vielfalt darstellt.
Für die Zukunft gibt es neuen Handlungsbedarf: Arten wie Riesenbärenklau oder Japanischer Staudenknöterich breiten sich weiter aus. Die Bekämpfung erfolgt meist reaktiv. Beim Pflanzenschutz setzt der Bezirk auf Schulungen, doch ohne konsequente Kontrollen bleibt die Wirkung begrenzt.
Fazit: Der Wille ist da – aber das Tempo reicht nicht. 15 Jahre nach der Deklaration bleibt der Einsatz zu zögerlich. Der Schutz biologischer Vielfalt muss zum Grundprinzip kommunalen Handelns werden – nicht nur zum Zusatzprogramm.
Vorbemerkung des Abgeordneten: Am 09.11.2010 hat das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf die Deklaration „Biologische Vielfalt in Kommunen“ unterzeichnet. Die Deklaration Biologische Vielfalt in Kommunen ist Teil eines langfristig ausgerichteten Prozesses
zur Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS).Frage 1: Welche konkreten Maßnahmen, die dem Beschluss des Bezirksamtes Marzahn-Hellersdorf vom 09.11.2010 (Deklaration “Biologische Vielfalt in Kommunen”) folgen, wurden seit Frühjahr 2023 ergriffen?
Das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf teilt hierzu mit: „Es wurden im Bezirk verschiedene Maßnahmen zur Förderung der biologischen Vielfalt durchgeführt. Unter anderem wurden im Frühjahr 2024 das Schulwaldprojekt im LSG Hönower Weiherkette gestartet. Eine Studie hat im gleichen Gebiet untersucht, wie die Gewässer wieder in einen günstigen Zustand versetzt werden können. Gleiche Ziele werden mit Projekten am Kienberg und am Schleipfuhl verfolgt. Im Frühjahr 2025 wurden 8 Schwalbentürme im Bezirk installiert. Die Pflege auf ökologisch wertvollen Bereichen wird durch besondere Mähtechnik und extensive Beweidung schonend durchgeführt.“
Frage 2: Welche konkreten Maßnahmen wurden seit dem letzten Bericht umgesetzt, um die „Ausschließliche Verwendung von heimischen und gebietsspezifischen Arten auf naturnahen Flächen und Naturerlebnisräumen im Siedlungsbereich“ sicher-zustellen?
Das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf teilt hierzu mit: „In den Revieren des Straßen- und Grünflächenamtes werden regelmäßig kleinere Anpflanzungen vorgenommen, beispielsweise mit Frühlingsblühern oder Stauden. Diese werden in der Regel über die stadteigene Gärtnerei in Charlottenburg-Wilmersdorf bezogen. Bei der Beschaffung von Materialien wie beispielsweise Rasensamen liegt der Fokus jedoch vorrangig auf der Wirtschaftlichkeit.
Bei der Pflege und Entwicklung des Landschaftsschutzgebietes Hönower Weiherkette wurden beispielweise folgende Maßnahmen umgesetzt: Es wurden hauptsächlich nicht gebietsheimische, überwiegend neophytische Gehölze entfernt. Bei der weiteren Entwicklung wurden zunächst die Potentiale der vorhandenen Naturverjüngung ermittelt und mittels gelenkter Sukzession gebietsheimische Gehölze gefördert. Dazu wurden das Aufkommen neophytischer Gehölze (z.B. Eschenblättriger Ahorn) durch gezielte Entnahme unterdrückt und gebietsheimische Gehölze (z.B. Hainbuche und Eiche) gefördert. Zudem werden in der Unterhaltung und in der Planung von Flächen die entsprechenden Parkpflegewerke beachtet.“
Frage 3: Sind für die Zukunft problematische Entwicklung einzelner gebietsfremder Arten (invasiver Neophyten) für den Bezirk erkennbar? Wenn ja, um welche Arten handelt es sich?
Das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf teilt hierzu mit: „Problematisch sind derzeit das Indische Springkraut (Impatiens glandulifera), der Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) sowie der japanische Staudenknöterich (Fallopia japonica).“
Frage 4: Welche konkreten Maßnahmen wurden ergriffen um Verstöße gegen Bestimmungen des Pflanzenschutzrecht auf privaten Flächen zu verhindern oder einzudämmen?
Im Rahmen seiner Aufgaben schult und berät das Pflanzenschutzamt eine Vielzahl von Personengruppen zum sachgerechten Pflanzenschutz. Zu diesen zählen u. a. auch Gartenbaudienstleistende, die auf privaten Flächen aktiv sind. Das Pflanzenschutzamt führt Schulungen und Prüfungen zur erforderlichen Sachkunde im Pflanzenschutz durch. Darüber hinaus wird wiederkehrend, beispielsweise in Form von „Beratertagen“, über neue wissenschaftliche Erkenntnisse und deren praktische Umsetzungsmöglichkeiten informiert. Auch im Freizeitgartenbau finden regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen zum Integrierten Pflanzenschutz statt. Mehrmals jährlich werden z. B. Freizeitgärtnernde des Landesverbandes der Berliner Gartenfreunde als Fachberater ausgebildet. Sie sollen ihr neu erworbenes pflanzenschutzliches Wissen als Multiplikatoren anwenden. Zudem steht ein umfangreiches Internetangebot mit Merkblättern sowie monatliche Newsletter (Grünes Blatt, Berliner Gartenbrief etc.) zur Verfügung, die sowohl von professionellen Anwendern als auch von interessierten Freizeitgärtnern abonniert werden können. Die Einhaltung der umfangreichen rechtlichen Bestimmungen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln wird nach bundesweit abgestimmten Standards überwacht. Dazu werden anlassbezogen auch Kontrollen, beispielsweise nach Anzeigen durch Bürgerinnen und Bürger, durchgeführt. Dies betrifft nicht nur die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im professionellen Bereich, sondern auch Anwendungen im Freizeitgartenbau.
Frage 5: Wie bewertet der Senat die Bemühungen und die Wirksamkeit der bisher erfolgten Maßnahmen im Sinne des Erhalt der Biologischen Vielfalt in Marzahn Hellersdorf auch vor dem Hintergrund der Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt?
Die in den Antworten zu 1 bis 3 und 6 dargestellten Maßnahmen orientieren sich u.a. an folgenden strategischen Zielen der „Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt“ (2;4;7;11;12;13;21;25;28-30;32;33). Zu einzelnen Maßnahmen liegen auch Monitoringergebnisse vor, die die Wirksamkeit der Maßnahmen belegen. Die Senatsverwaltung unterstützt im Rahmen ihrer Möglichkeiten den Bezirk bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen. Mit der Fertigstellung der neuen „Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt 2030+“ wird es eine Schärfung der Ziele insbesondere hinsichtlich der Ausrichtung auf die Klimafolgenanpassung, eine stärkere Umsetzungsorientierung und messbare Zielvorgaben geben. Die dargestellten Maßnahmen sind ein erster Schritt zur Erreichung dieser Zielvorgaben.
Frage 6: Wie wird die Umsetzung in den fast 15 Jahre nach Unterzeichnung der Deklaration bewertet und welche Perspektiven hat der Einsatz für Biologische Vielfalt in Marzahn-Hellersdorf?
Das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf teilt hierzu mit: „In vielen Bereichen (z.B. Wuhlerenaturierung, Beweidung, Wildbienenprogramm, Pflege und Entwicklungspläne der Landschaftsschutzgebiete; Natur- und Umweltbildung) konnten Verbesserungen erzielt werden. Größte Herausforderung für den Erhalt der biologischen Vielfalt wird in den kommenden Jahren der Klimawandel sein. Der Niederschlagsmangel wird nicht nur für wassergebundene Tierarten, sondern auch für die Flora zum existenziellen Problem. Die Maßnahmen sollten deshalb fortgeführt werden.“