Stefan Ziller

GRÜN für Marzahn, Biesdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und Hellersdorf

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Doppik auch für den Bund und Berlin?

Der Aufruf “Staatliche Doppik jetzt! Für einen funktionierenden und nachhaltigen Staat” an die kommende Bundesregierung setzt ein Thema auf die Tagesordnung, welches auch für Berlin relevant werden kann oder sollte.

In dem Aufruf heißt es: “Eine wesentliche Ursache der aktuellen Haushaltskrise ist das rein zahlungsbezogene Haushalts- und Rechnungswesen des Bundes, das die Sicht auf das vorhandene Vermögen und den Verbrauch von Ressourcen ausblendet und eine ökonomisch sinnvolle Haushaltssteuerung verhindert, die sich daran orientiert, was bewirkt werden soll. Anders ausgedrückt: Es geht nicht nur darum, wie viel Geld ausgegeben werden soll, sondern es geht genauso darum, wofür und mit welcher Wirkung – und die Planungslogik muss das auch widerspiegeln. […] Wir schlagen deshalb eine grundsätzliche Änderung der haushaltspolitischen Logik des Bundes vor: Die Einführung des doppischen Haushalts- und Rechnungswesens macht eine transparente und effiziente, ressourcen-, ergebnis- und wirkungsorientierte Steuerung der Budgets des Bundes möglich. […]

Der allenthalben beklagte Investitions- und Sanierungsstau der öffentlichen Infrastruktur ist auch das Ergebnis der bisherigen Haushaltssteuerung des Bundes, die nur die aktuellen Zahlungsströme berücksichtigt und keine Folgekosten berücksichtigt. Sowohl zukünftige Nutzen als auch Kosten für zukünftige Generationen werden damit vom Bund bisher nicht betrachtet. Der Sanierungsstau entsteht auch dadurch, dass in der kameralen Betrachtung der Zahlungsströme übersehen wird, dass jede Investition auch erhalten werden muss. Die staatliche Doppik dagegen beruht auf einer Periodenrechnung, in der Anschaffungen von Vermögenswerten über ihre Lebensdauer abgeschrieben werden und damit den laufenden Werteverzehr verdeutlichen, der für den Vermögenserhalt eingesetzt werden müsste.”

Bei der doppelten Buchführung, auch Doppik genannt, wird nach dem betriebswirtschaftlichen Vorbild gearbeitet und somit alle Veränderungen der Werte erfasst, inklusive Vermögensgegenstände wie Gebäude, Grundstücke oder Patente, Software etc. so wie Schulden. So werden auch Abschreibungen berücksichtigt. Eine detaillierte Einführung zur Doppik findet Ihr im Wiki der Heinrich-Böll-Stiftung. Seit dem Beschluss der Innenministerkonferenz 1999 wird die kommunale Haushaltsführung auf die Doppik umgestellt. 2018 ist die Mehrheit der Kommunen auf die Doppik umgestiegen, jedoch nur wenige Landeshaushalte und auch nicht der Bund. Für Berlin interessant, auch Bremen und Hamburg sind auf die Doppik umgestiegen.

Doch wie sieht es konkret in Berlin aus? Im Land Berlin findet die erweiterte Kameralistik (im Gegensatz zur klassischen Kameralistik) Anwendung. Dabei erfolgt eine Ergänzung der – klassischen – Kameralistik durch eine Kosten- und Leistungsrechnung (KLR). Die Einführung erfolgte in der Vergangenheit mit dem Ziel, vorhandene Informationsdefizite zu kompensieren, ohne dabei das Rechnungswesen vollständig umgestalten zu müssen (Drucksache 18/22991).

Aufgabenbereiche der Kosten- und Leistungsrechnung sind: Kostenartenrechnung („Welche Kosten sind entstanden?“), Kostenstellenrechnung („Wo sind die Kosten entstanden?“) und Kostenträgerrechnung („Wofür sind die Kosten angefallen?“). Hierzu wurden systematisch alle Leistungen der Berliner Verwaltung und die dabei entstehenden Kosten in Form von Verwaltungsprodukten erfasst. So sind pro Produkt systematisch und transparent Aussagen über: die Höhe der Kosten und Erträge, die Kosten- und Ertragsstruktur (Kosten- und Ertragsarten), den verantwortlichen Ort der Kostenentstehung (Kostenstelle) und die dabei erbrachte Leistung mit ihrer Menge (Output) verfügbar. Mit dieser Ergänzung der Kameralistik um einen vollständigen Ressourcenverbrauch bis hin zu einer Erweiterung der Vermögensrechnung im Sinne einer Bilanz und vor allem dem Nachweis der von der Verwaltung erbrachten Leistungen (Produkte) liegen nach Ansicht des Senats ausreichende Zusatzinformationen vor, um die Verwaltung besser steuern zu können.

Um die „erweiterte Kameralistik“ mit der Doppik zu vergleichen, ist es hilfreich, diese an dem Konzept der Integrierten Verbundrechnung als objektivem Vergleichsmaßstab zu messen. Die Integrierte Verbundrechnung (IVR) ist ein ganzheitlicher Ansatz für das Rechnungswesen des Öffentlichen Dienstes. Eine IVR besteht dabei aus den vier Komponenten Vermögensrechnung, Ergebnisrechnung, Kosten- und Leistungsrechnung (KLR), Finanzrechnung. Der Vorteil der Integration der Komponenten liegt darin, dass sie alle zueinander kompatibel verbunden sind und damit nicht der Gefahr unterliegen, durch getrennte Verbuchungen in Finanzrechnung, KLR und Doppik unterschiedliche Ergebnisse zu erzeugen. Die in Berlin angewendete „erweiterte Kameralistik“ deckt die Bestandteile Finanzrechnung, KLR sowie Vermögensrechnung ab.

Re:Form versteht sich als „Allianz für Morgen“ und bietet parteiübergreifend Raum zur Weiterentwicklung der Staatsmodernisierung.

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