Stefan Ziller

GRÜN für Marzahn, Biesdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und Hellersdorf

Abgeordnetenhaus Berlin Verwaltung 

Gesamtstädtische Steuerung – Nutzung des Eingriffsrechts

Berlin arbeitet seit Jahren an einer Modernisierung der Verwaltung. Ziel ist dabei unter anderem eine klarere Rollenteilung. Die Senatsverwaltungen sollen sich verstärkt auf gesamtstädtische Steuerungs- und Leitungsaufgaben konzentrieren, während die Bezirke die wohnortnahen Dienstleistungen und Durchführungsaufgaben verantworten. Um dies umzusetzen, müssen die Eingriffsrechte des Senats gegenüber den Bezirken geschärft werden. Eine entscheidende Frage wird sein, wie die Balance zwischen zentraler Steuerung und bezirklicher Eigenverantwortung am besten austariert werden kann. Die traditionell starke Stellung der Bezirke in Berlin muss erhalten bleiben. Andererseits haben gerade Krisen wie die Corona-Pandemie gezeigt, dass mehr übergreifende Koordination durch den Senat häufig unverzichtbar ist.

In meiner jüngsten Anfrage an den Senat ging es um die Ausübung der sogenannten Eingriffsrechte gegenüber den Berliner Bezirken (Drucksache 19/18899). Dabei zeigte sich, dass der Senat von diesen Möglichkeiten zur zentralen Steuerung in den letzten fünf Jahren eher zurückhaltend Gebrauch gemacht hat. Zwar griff der Senat beispielsweise bei größeren Wohnungsbauprojekten ein, um bezirkliche Bebauungspläne selbst aufzustellen. Insgesamt bewegte sich die Zahl der Eingriffe aber auf einem überschaubaren Niveau. Das ist durchaus positiv zu sehen, da die Eigenverantwortung der Bezirke eines der Prunkstücke der Berliner Verwaltungsstruktur ist.

Andererseits zeigte sich gerade in der Corona-Pandemie, dass in besonderen Krisensituationen eine gesamtstädtische Koordinierung durch den Senat unerlässlich sein kann.
Die Eindämmung von Großveranstaltungen musste bezirksübergreifend einheitlich geregelt werden. Insgesamt bleibt es eine Gratwanderung, die Balance zwischen zentraler Steuerung und bezirklicher Eigenverantwortung zu finden. Die Eingriffsrechte des Senats sind ein scharfes Schwert, das nur mit großem Fingerspitzengefühl eingesetzt werden sollte. Eine transparente und frühzeitige Einbindung der bezirklichen Ebene muss dabei selbstverständlich sein.

1. In wie vielen Fällen hat der Senat von seinem Eingriffsrecht nach § 13a AZG in den letzten fünf Jahren Gebrauch gemacht (bitte um einzelne Auflistung unter Angabe des Gegenstandes und Bezirkes)?

Der Senat hat Eingriffe gegenüber den Bezirksämtern Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Pankow, Spandau, Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg, Treptow-Köpenick und Reinickendorf jeweils zur Durchsetzung des Verbots von Großveranstaltungen während der Corona-Pandemie vorgenommen.

Die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt hat einen Eingriff gegenüber dem Bezirksamt Lichtenberg zur Teileinziehung der Barther Straße und einen Eingriff gegenüber dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg zur Errichtung einer Umzäunung um den Görlitzer Park und dessen temporärer Schließung vorgenommen.

2. In wie vielen Fällen hat der Senat von seinem Eingriffsrecht nach § 7 AGBauGB in den letzten fünf Jahren Gebrauch gemacht (bitte um einzelne Auflistung unter Angabe der Tatbestandsalternative, des Gegenstandes und Bezirkes)?

Die für die Ausübung dieses Eingriffsrechts zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen hat in den letzten fünf Jahren folgende Eingriffe vorgenommen:

  1. Bebauungsplan 5-98 für die Grundstücke Daumstraße 52 und mit den weiteren Flurstücken 49 und 50, Rhenaniastraße 35, Bezirk Spandau, Tatbestand: § 7 Abs. 1 Nummer 5 AGBauGB (Wohnungsbauvorhaben, die wegen ihrer Größe (ab 200 Wohneinheiten) oder Eigenart von besonderer Bedeutung für den Berliner Wohnungsmarkt sind)
  2. Bebauungsplan 9-50b für das Grundstück Wendenschloßstraße 156, Bezirk Treptow-Köpenick, Tatbestand: § 7 Abs. 1 Nummer 5 AGBauGB (Wohnungsbauvorhaben, die wegen ihrer Größe (ab 200 Wohneinheiten) oder Eigenart von besonderer Bedeutung für den Berliner Wohnungsmarkt sind)
  3. Bebauungsplan 1-110 für die Grundstücke Invalidenstr. 57-60 und Alt-Moabit 5, eine daran angrenzende Teilfläche des Grundstücks Clara-Jaschke-Straße 5 sowie Teilflächen der Invalidenstraße und Straße Alt-Moabit, Bezirk Mitte, Tatbestand: § 7 Abs. 1 Nummer 5 AGBauGB (Wohnungsbauvorhaben, die wegen ihrer Größe (ab 200 Wohneinheiten) oder Eigenart von besonderer Bedeutung für den Berliner Wohnungsmarkt sind)
  4. Bebauungsplan 1-88c für Teilflächen des Flurstücks 223 und 263 der Flur 43, nordöstlich des Grundstücks Lehrter Straße 23, 25, Bezirk Mitte, Tatbestand: § 7 Abs. 1
  5. Nummer 5 AGBauGB (Wohnungsbauvorhaben, die wegen ihrer Größe (ab 200 Wohneinheiten) oder Eigenart von besonderer Bedeutung für den Berliner Wohnungsmarkt sind)
  6. Bebauungsplan 2-62 für das Gelände zwischen Tempelhofer Ufer, Waterloo-Ufer, Zossener Straße, Blücher Straße sowie den Blücherplatz und einen Abschnitt der Blücher Straße, Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, Tatbestand: § 7 Abs. 1 Nummer 3 AGBauGB (übergeordnete Standorte des Gemeinbedarfs)
  7. Bebauungsplan 5-73 für eine Teilfläche der Wasserstadt Berlin-Oberhavel zwischen Schwielowseestraße, Daumstraße, Pohleseestraße und Havel, Bezirk Spandau, Tatbestand: § 7 Abs. 1 Nummer 5 AGBauGB (Wohnungsbauvorhaben, die wegen ihrer Größe (ab 200 Wohneinheiten) oder Eigenart von besonderer Bedeutung für den Berliner Wohnungsmarkt sind)
  8. Bebauungsplan 1-113VE für an das Nordufer angrenzende Teilfläche des Grundstücks Augustenburger Platz 1 (Charité Campus Virchow Klinikum), Bezirk Mitte, Tatbestand: § 7 Abs. 1 Nummer 3 AGBauGB (übergeordnete Standorte des Gemeinbedarfs)
  9. Bebauungsplan 1-114VE für Robert-Koch-Institut Nordufer, Bezirk Mitte, Tatbestand: § 7 Abs. 1 Nummer 3 AGBauGB (übergeordnete Standorte des Gemeinbedarfs)
  10. Bebauungsplan 2-65VE für die Grundstücke Urbanstraße 72 und Hasenheide 5, 6, Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, Tatbestand: § 7 Abs. 1 Nummer 2 und 7 AGBauGB (überbezirkliche Verkehrsplanung und Vorhaben, die die Zentrenstruktur des Flächennutzungsplans berühren)
  11. Bebauungsplan 9-50a für die Grundstücke Gartenstraße 74, Charlottenstraße 1, Wendenschloßstraße 142, 152, 158/174 sowie eine Teilfläche der Spree-Oder-Wasserstraße (Dahme) auf den Flächen des ehemaligen Funkwerks, Bezirk Treptow-Köpenick, Tatbestand: § 7 Abs. 1 Nummer 5 AGBauGB (Wohnungsbauvorhaben, die wegen ihrer Größe (ab 200 Wohneinheiten) oder Eigenart von besonderer Bedeutung für den Berliner Wohnungsmarkt sind)
  12. Bebauungsplan 5-113 für die Grundstücke Gartenfelder Straße 61, 63, 65 und, Paulsternstraße 3, Bezirk Spandau, Tatbestand: § 7 Abs. 1 Nummer 5 AGBauGB (Wohnungsbauvorhaben, die wegen ihrer Größe (ab 200 Wohneinheiten) oder Eigenart von besonderer Bedeutung für den Berliner Wohnungsmarkt sind)
  13. Bebauungsplan XXI-22-2 für das Grundstück zwischen Georg-Knorr-Straße und Wiesenburger Weg, Bezirk Marzahn-Hellersdorf, Tatbestand: § 7 Abs. 1 Nummer 5 AGBauGB (Wohnungsbauvorhaben, die wegen ihrer Größe (ab 200 Wohneinheiten) oder Eigenart von besonderer Bedeutung für den Berliner Wohnungsmarkt sind)
  14. Bebauungsplan 11-80 für das Gelände zwischen Normannenstraße, Magdalenenstraße, Frankfurter Allee und Ruschestraße, Bezirk Lichtenberg, Tatbestand: § 7 Abs. 1 Nummer 5 AGBauGB (Wohnungsbauvorhaben, die wegen ihrer Größe (ab 200 Wohneinheiten) oder Eigenart von besonderer Bedeutung für den Berliner Wohnungsmarkt sind)
  15. Bebauungsplan 11-168 für das Gelände zwischen südlicher Grenze der Kleingartenanlage “Langes Höhe”, Weißenseer Weg, Hohenschönhauser Straße, westlicher Grenze des Flurstücks 4026, Flur 214 (Stichstraße Hohenschönhauser Straße), südlicher Grenze des Flurstücks 4025, Flur 214 (Verbindungsweg Hohenschönhauser Straße), Bezirk Lichtenberg, Tatbestand: § 7 Abs. 1 Nummer 5 AGBauGB (Wohnungsbauvorhaben, die wegen ihrer Größe (ab 200 Wohneinheiten) oder Eigenart von besonderer Bedeutung für den Berliner Wohnungsmarkt sind)

3. In wie vielen Fällen hat der Senat in den letzten fünf Jahren nach § 9 AGBauGB festgestellt, dass ein Gebiet
a) von außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung ist bzw.
b) für Industrie- und Gewerbeansiedlungen von derartiger Bedeutung wesentlich ist (bitte um einzelne Auflistung unter Angabe des Gegenstandes und Bezirkes)?

Zu 3a).:

Folgende bestimmte Gebiete von außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung nach § 9 Abs. 1 Nummer 1 AGBauGB wurden in den letzten fünf Jahren von der dafür zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen festgestellt:

2019:

  • Siemens-Innovations-Campus im Bezirk Spandau
  • Erweiterung des Siemens-Innovations-Campus im Bezirk Spandau

2020:

  • ereich Friedrich-Ludwig-Jahn Sportpark im Bezirk Pankow
  • Erweiterung des Gebiets des ehemaligen Güterbahnhofs Köpenick im Bezirk Treptow- Köpenick

2021:

  • Gebiet für den engeren Kernbereich der City West im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf

Zu 3b).:

In keinem Fall hat die dafür zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen in den letzten fünf Jahren nach § 9 Abs. 1 Nummer 2 AGBauGB festgestellt, dass ein bestimmtes Gebiet für Industrie- und Gewerbeansiedlungen von derartiger Bedeutung wesentlich ist.

4. In wie vielen Fällen wurde von weiteren spezialgesetzlichen Eingriffsermächtigungen in den letzten fünf Jahren Gebrauch gemacht (bitte um einzelne Auflistung unter Angabe der jeweiligen Rechtsgrundlage, des Gegenstandes und Bezirkes)?

Zu 4.:

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen hat in den letzten fünf Jahren einen Eingriff gemäß § 17 Satz 1 Nummer 1 AGBauGB i.V.m. § 13a Abs. 1 und § 8 Abs. 3 AZG für die Grundstücke Hermann-Dorner-Allee 99, Karl-Ziegler-Straße 3 und 5
(Wohnen am Campus II) im Bezirk Treptow-Köpenick vorgenommen. Eingriffe gemäß § 10 Abs. 3 bzw. 4 AGBauGB i. V. m. § 13a Abs. 1 und § 8 Abs. 3 AZG wurden in den letzten fünf Jahren nicht vorgenommen. Weitere spezialgesetzliche Eingriffsermächtigungen bestehen nicht.

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