Stefan Ziller

GRÜN für Marzahn, Biesdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und Hellersdorf

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Notunterkünfte für wohnungslose Familien

In Berlin existieren gegenwärtig zwei Notunterkünfte für wohnungslose Familien mit Kindern. Dies geht aus einer Antwort auf meine Anfrage hervor (Drucksache 18/26639). Diese Notübernachtungen können von Familien mit minderjährigen Kindern unabhängig ihrer Herkunft genutzt werden, die mittel- oder unmittelbar von Wohnungslosigkeit betroffen sind. Da sich die Angebote durch ihre Niedrigschwelligkeit auszeichnen, ist ein Leistungsanspruch auf Sozialleistungen keine Voraussetzung für eine Aufnahme in den Notunterkünften. So müssen für die Aufnahme beispielsweise keine gültigen Ausweispapiere vorgelegt werden.

Dazu gibt es das Projekt „Vorübergehende Unterbringung von wohnungslosen Familien mit Kindern – berlinweit (Nostel)“. Es handelt sich um ein Modellprojekt, welches einen erfolgversprechenden Weg darstellt, die Lage von wohnungslosen Roma-Familien zu verbessern.

Problematisch ist, dass an immer mehr Tagen Familien, die ein Dach über dem Kopf suchen, nicht aufgenommen werden können. Dieser Trend lässt sich in der folgenden Tabelle (für das Jahr 2019) ablesen. Hier muss das Angebot bedarfsgerecht ausgebaut werden.


1. Welche Notunterkünfte für wohnungslose Familien sind dem Senat in Berlin bekannt und aus welchen öffentlichen Mitteln werden diese unterstützt (ISP, Bezirkshaushalt etc.)?
2. Wie viele Plätze wurden und werden in den Notunterkünften für wohnungslose Familien vorgehalten?
6. Welche Voraussetzungen gibt für eine Aufnahme von Familien in den Familiennotunterkünften? (bitte für jede Unterkunft angeben, sofern diese verschieden sind)
7. Welche Leistungen über die Notunterbringung hinaus werden von den Notunterkünften für wohnungslose Familien erbracht? (bitte für jede Unterkunft angeben, sofern diese verschieden sind)

Es existieren gegenwärtig zwei Notunterkünfte für wohnungslose Familien mit Kindern in Berlin. Diese Notübernachtungen können von Familien mit minderjährigen Kindern unabhängig ihrer Herkunft genutzt werden, die mittel- oder unmittelbar von Wohnungslosigkeit betroffen sind. Da sich die Angebote durch ihre Niedrigschwelligkeit auszeichnen, ist ein Leistungsanspruch auf Sozialleistungen keine Voraussetzung für eine Aufnahme in den Notunterkünften. So müssen für die Aufnahme beispielsweise keine gültigen Ausweispapiere vorgelegt werden.

Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln des Integrierten Sozialprogramms (ISP). Die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales und die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie stellen in Kooperation die Gesamtfinanzierung sicher. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie gewährleistet zudem die Fachlichkeit für die kinderschutzrelevanten Aufgaben, speziell die Beratung und Betreuung der Familien.

Wrangelstraße 12 in 10997 Berlin, betrieben vom Diakonischen Werk Berlin Stadtmitte e. V. mit 30 Plätzen. Das über die Notunterbringung hinausgehende Leistungsangebot der Einrichtung umfasst: Information, Beratung, Clearing und Versorgung (u. a. Kleidung, Nahrung, Bereitstellung von Hygieneartikel).

Am Bärensprung 52/56 in 13503 Berlin, betrieben vom Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerk gAG mit 44 Plätzen. Das über die Notunterbringung hinausgehende Leistungsangebot der Einrichtung umfasst: Information, Beratung, Versorgung und Betreuung.

Projekt „Nostel“

Beim Projekt „Vorübergehende Unterbringung von wohnungslosen Familien mit Kindern – berlinweit (Nostel)“ handelt es sich um ein Modellprojekt, welches einen erfolgversprechenden Weg darstellt, die Lage von wohnungslosen Roma-Familien zu verbessern. Es richtet sich dabei insbesondere auch an Familien, die der ethnischen Minderheit der Roma angehören, steht aber auch anderen Familien in vergleichbaren Bedarfslagen offen. Konzeptionell unterscheidet sich das Projekt „Nostel“ von den anderen Notübernachtungen für wohnungslose Familien im Land Berlin.

Im Projekt „Nostel“ wurden im Jahr 2020 insgesamt 12 Not-Wohnungen zur Verfügung gestellt. Es konnte pro Not- Wohnung immer nur eine Familie aufgenommen werden. Die Not-Wohnungen verfügen über unterschiedliche Bettenkapazitäten, sodass die Aufnahme von Familien von 2 bis maximal 12 Personen möglich war.

Kriterien für eine Aufnahme in das Projekt „Nostel“ sind:

  • – Wohnungslosigkeit
  • – Familie mit mindestens einem minderjährigen Kind
  • – Unionsbürgerschaft von mindestens 1 Familienmitglied (andere können auch Drittstaatler sein)
  • – kein Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGBII und/ oder SGB XII

An die Unterbringung in einer Not-Wohnung (dezentrale abgeschlossene Wohneinheit) ist ein Clearingverfahren, in dem Leistungsanspruch nach dem SGB II und/ oder SGB XII geklärt und ggf. eingefordert werden, angebunden. Darüber hinaus erfolgt eine engmaschige sozialarbeiterische Betreuung insbesondere in den Handlungsfeldern:

Arbeit: Unterstützung bei der Herstellung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen, usw.

Gesundheit: Herstellung Krankenversicherungsschutz aller Familienmitglieder, Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung aller Familienmitglieder solang noch
kein Krankenversicherungsschutz besteht, Anbindung an Kinder- und Hausärzte, ggf. Fachärzte, Zahnärzte usw.

Bildung: Sicherstellung Beschulung der schulpflichtigen Kinder, Vermittlung Deutsch- und Integrationskurse, usw.

Wohnen: Beratung und Anleitung im Umgang mit Wohnraum (Heizen, Lüften, ökonomischer Umgang mit Ressourcen, Müllentsorgung, Nachbarschaft), Beratung und Unterstützung bei Wohnungssuche usw.

Die Arbeit mit den Familien umfasst auch die Beschaffung wesentlicher Dokumente, wie Personalausweise, Geburtsurkunden, Heiratsurkunden, Vaterschaftsanerkennungen usw.

Mit Abschluss des Clearings erfolgt die Sicherstellung einer weiterführenden Unterbringung in einer eigenen mietvertraglich abgesicherten Wohnung oder hilfsweise einer ordnungsrechtlichen Unterbringung nach § 17 Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz des Landes Berlin (ASOG). Es erfolgt zudem eine Nachbetreuung.

3. Wie war die (durchschnittliche) Belegung der Familiennotunterkünfte im Jahr 2020 und welche Informationen liegen über die Herkunft der Nutzenden vor (Bitte die Zahlen für jede Einrichtung in geeigneter Form monatlich oder sofern verfügbar wöchentlich angeben)?
8. Wie lang verweilen die Familien in den Notunterkünften? (bitte die durchschnittliche Verweildauer angeben, dazu die jeweils kürzeste und längste in 2020)

Es liegen zurzeit für Unterkünfte des ISP planmäßig Daten aus dem Berichtsjahr 2019 vor. Daten aus 2020 werden voraussichtlich im Juni 2021 vorliegen. Die durchschnittliche Belegung nach Monaten und nach Einrichtung in % stellt sich wie folgt dar:

85 % der Familien blieben einen Monat oder kürzer in den Notübernachtungen. Lediglich 1 % blieb bis zur maximalen Verweildauer von sechs Monaten in der Einrichtung. Die kürzeste Verweildauer betrug einen Tag (12,2 %).

Projekt „Nostel“:

Für das Projekt liegen Daten aus 2020 vor. Im Projekt „Nostel“ wurden im Jahr 2020 insgesamt 23 Familien (90 Personen) untergebracht. Durchschnittlich wurden monatlich 31 Personen im Projekt untergebracht. Im Jahr 2020 konnten insgesamt 11.356 Übernachtungen im Projekt realisiert werden. Davon kamen 17 Familien aus Bulgarien (eine Familie davon mit Familienangehörigen aus dem Drittstaat Türkei), 5 Familien aus Rumänien und 1 Familie aus Italien. Im Jahr 2020 konnte die Unterbringung und Betreuung von insgesamt 14 Familien beendet werden. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer im Projekt „Nostel“ belief sich auf 4,9 Monaten. Die kürzeste Aufenthaltsdauer betrug zwei Tage, die längste betrug 13,2 Monate.

4. An wie vielen Tagen im Jahr 2020 konnten Familien, die ein Dach über dem Kopf suchten, nicht aufgenommen werden?

Es liegen zurzeit für Unterkünfte des ISP planmäßig Daten aus dem Berichtsjahr 2019 vor. Daten aus 2020 werden voraussichtlich im Juni 2021 vorliegen. In der nachstehenden Tabelle ist die Abweisung von Personen nach Monaten und nach Einrichtung aufgeführt (ISP). Eine tagesgenaue Erhebung erfolgt nicht:

Projekt „Nostel“:

Für das Projekt liegen Daten aus 2020 vor. Der Aufnahmeprozess in das „Nostel“ erfolgt in Abstimmung mit der Abteilung Integration und Migration der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales nach einem festgelegten Verfahren und unterscheidet sich von dem der anderen Familiennotunterkünfte (genaueres hierzu Drucksache 17 / 16 321 sowie Wortprotokoll ArbIntFrau 17/71). Im Jahr 2020 wurden insgesamt 51 Erstgespräche mit Familien, die die Kriterien für eine Aufnahme erfüllen, geführt.

5. Wer hat die Familien an die Notunterkünfte vermittelt (Soziale Wohnhilfen, Jugendämter, Selbstvorsprache, freie Träger der Wohnungsnotfallhilfe, freie Träger aus dem Romaaktionsplan, etc.)? (bitte die Zahlen für 2020 in einer geeigneten Weise darstellen / zusammenfassen)

Es liegen zurzeit für Unterkünfte des ISP planmäßig Daten aus dem Berichtsjahr 2019 vor. Daten aus 2020 werden voraussichtlich im Juni 2021 vorliegen. In der nachstehenden Tabelle ist für jede Einrichtung (ISP) zu entnehmen, woher die Familien kamen:

Projekt „Nostel“:

Für das Projekt liegen Daten aus 2020 vor. Im Jahr 2020 wurden im Rahmen des Projekts insgesamt 51 Erstgespräche geführt. Die Vermittlung der Familien erfolgte wie folgt:

9. Welche Informationen sind über den Verbleib der Familien nach Verlassen der Notunterkunft bekannt? (Bitte in geeigneter Weise für 2020 angeben. Wie viele Familien wurden wieder in die akute Wohnungslosigkeit / in eine ASOG-Unterkunft / in eigenen Wohnraum / anders entlassen)?

Es liegen zurzeit für Unterkünfte des ISP planmäßig Daten aus dem Berichtsjahr 2019 vor. Daten aus 2020 werden voraussichtlich im Juni 2021 vorliegen. 9,6 % der Haushaltsvorstände der Familien konnten an soziale Dienste vermittelt werden. Hierunter fällt auch die Vermittlung in die ordnungsbehördliche Unterbringung (ASOG). Diese Kategorie wird allerdings nicht gesondert erhoben. 27,3 % der Haushaltsvorstände der Familien konnten in ihr altes soziales Umfeld vermittelt werden, was eines der übergeordneten Ziele der Leistungserbringung darstellt. 1,7 % der Haushaltsvorstände der Familien konnte eigener Wohnraum vermittelt werden. 9,7 % der Haushaltsvorstände der Familien erlangten während ihrer Unterbringung in den Notunterkünften einen Versicherungsstatus. Über eine Entlassung von Nutzerinnen und Nutzern der Einrichtungen in die akute Wohnungslosigkeit liegen keine Daten vor.

Quelle: Qualitätsgemeinschaft Soziale Dienste e. V. (QSD): Integriertes Sozialprogramm – ISP. Angebotsbereich: Wohnungslosenhilfe. Personenbezogene Dokumentation. Langfassung 2019. Juni 2020 (Nicht veröffentlichtes Dokument; nur für den internen Dienstgebrauch).

Projekt „Nostel“:

Für das Projekt liegen Daten aus 2020 vor. Im Jahr 2020 verließen insgesamt 14 Familien das Projekt „Nostel“. Mit Auszug aus der Not-Wohnung des Nostel erfolgte eine weiterführende Unterbringung in:

Erstmals in der Projekthistorie brachen 3 Familien selbstständig vorzeitig das Projekt ab und kehrten in ihr Herkunftsland zurück. Als Grund gaben sie Sorgen im Zusammenhang mit der Pandemie an.

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