Stefan Ziller

GRÜN für Marzahn, Biesdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und Hellersdorf

Soziale Gerechtigkeit und Armutsbekämpfung

Im Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün für Berlin steht: „Die nachhaltige Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ist Schlüsselaufgabe für die Zukunft Berlins“. An dieser Stelle berichte ich über meine politische Arbeit und werde aktuelle Analysen, Strategien und Konzepte mit Blick auf die Bekämpfung von Armut in Berlin sammeln.

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Bürokratierendite statt Zuwendungsbürokratie

Der Senat finanziert viele gute und wichtige Projekte durch so genannte Zuwendungen für Berlin. Aus verschiedenen Gründen steigt der Verwaltungsaufwand für Projekte und die Verwaltung in den letzten Jahren immer weiter an. Es ist inzwischen ein Punkt erreicht, an dem der Anteil der Bürokratie nicht weiter tragbar. Immer weniger Personal steht immer umfangreicheren und komplexeren Regelungen gegenüber, die angewendet und vollzogen werden müssen. Bereits seit einiger Zeit liegen für eine Entbürokratisierung Vorschläge von VskA Berlin, Selko und Paritätischem Berlin vor (Positionspapier).

Gerade in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels ist es unabdingbar, eine Bürokratierendite zu erarbeiten und zu ernten. Vereinfachte Prozesse entlasten sowohl die Verwaltung als auch die Zuwendungensempfänger*innen. Der Rechnungshof von Berlin gibt nun in seinem Jahresbericht 2024 Empfehlungen zur Vereinfachung des Zuwendungsrechtes. Der Senat sollte die Empfehlungen ernst nehmen und in die zuletzt verschobenen Ergebnisse des Projekts “Vereinfachung, Optimierung und Digitalisierungen von Zuwendungen im Land Berlin” aufnehmen. Über einen Zwischenstand zum Projektverlauf wurde unter anderem mit der Roten Nummer 1362 A vom 8. Mai 2024 berichtet.

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Wohnberechtigungsschein (WBS) – geht das auch einfacher?

Die Beantragung eines Wohnberechtigungsscheines (WBS) dauert in Berlin immer noch zu lange. Laut einer aktuellen Anfrage von Katrin Schmidberger und mir blieben von den etwa 60.000 Anträgen in diesem Jahr über 200 Anträge mehr als ein halbes Jahr liegen (Drucksache 19/20843). Durchschnittlich dauert die Bearbeitung aktuell ca. 7 Wochen. Auch das ist für die Betroffenen unnötig lang!

Ein Fortschritt ist, dass der WBS seit 30. September 2024 auch online beantragt werden kann. Das Online-Verfahren führt die Benutzerinnen und Benutzer “anwenderfreundlich und schrittweise” durch den Antrag. Hierbei werden die notwendigen Angaben klar abgefragt. Es trifft jedoch zu, dass in vielen Fällen dem Antrag auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) zusätzliche Unterlagen beigefügt werden müssen.

Darüber hinaus prüft der Senat, ob es künftig erforderlich bleibt, dass Bürgerinnen und Bürger im Rahmen des WBS-Antragsverfahrens eine Meldebescheinigung einreichen müssen, oder ob ein verwaltungsinterner Abgleich der Meldedaten ausreichend sein könnte. Ziel dieser Prüfung ist es, den Antragsprozess für die Bürgerinnen und Bürger weiter zu erleichtern. Ich werde dran bleiben!

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Digitale Barrierefreiheit bei Berliner Dienstleistungen: Eine Bestandsaufnahme

Gemeinsam mit meiner Kollegin Catrin Wahlen habe ich den Senat gefragt, wie es um die digitale Barrierefreiheit der Top 100 Dienstleistungen steht (Drucksache 19/20224). Im Fokus standen dabei insbesondere die Dienstleistungen im Bereich des SGB IX (Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen). Die Antwort zeigt, dass die digitale Barrierefreiheit in Berlin noch in den Anfängen steckt.

Es gibt keine standardisierte Erfassung von Fortschritten für mehr digitale Barrierefreiheit. In der Sitzung des Ausschuss für Digitalisierung und Datenschutz am 23.09.2024 hatte Landesbeauftragtenstelle für digitale Barrierefreiheit ihre Arbeit und die damit verbundenen Herausforderungen vorgestellt. Ein Problem stellt die Personalsituation in der Verwaltung dar. Derzeit besteht das Team der Landesbeauftragten für digitale Barrierefreiheit aus einer Referentin, welche stellvertretend die Landesbeauftragte ist, zwei Sachbearbeitungen (80%-Stellen).

Ein Baustein die digitale Barrierefreiheit anzugehen, ist die Verwendung von “Leichter Sprache”. Für diese gibt es jedoch erst seit 2024 eine Definition als DIN-ISO-Norm. Bisher werden alle Dienstleistungsbeschreibungen im Serviceportal in sogenannter bürgerfreundlicher Sprache nach den FIM-Qualitätskriterien der Föderalen IT-Kooperation (FITKO) erstellt. Derzeit wird noch geprüft, ob die FIM Qualitätskriterien den DIN-ISO-Normen entsprechen. Bei der Erstellung von digitalen Anträgen wird in Zusammenarbeit mit den Fachressorts auf bürgerfreundliche Formulierungen geachtet. Eine Zahl oder Liste von Top 100 Dienstleistungen, die über einfache Sprache oder ähnliches verfügen, gibt es nicht. Für die Optimierung des Serviceportals für Screenreader wird ein generisches System eingesetzt, das alle Dienstleistungs- und Standortbeschreibungen umfasst. Für die Top 100 Dienstleistungen gibt es keine Kriterien für die Screenreader-Tauglichkeit.

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Lässt der Senat Pflegebedürftige im Regen stehen?

Wie gut funktioniert Berlin? Meine Kollegin Silke Gebel hat sich zum Thema Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des SGB XII beim Senat erkundigt (Drucksache 19/20177). Um das Funktionieren bewerten zu können haben wir bspw. gefragt: “Wie viele Anträge auf Hilfen zur Pflege nach SGB XII wurden in den einzelnen Berliner Bezirken jeweils im Jahr 2023 und 2024 gestellt?” Die Antwort “Eine vollständige statistische Erfassung der Bearbeitungszeiten liegt in den Bezirken nicht flächendeckend vor.” lässt die Frage offen, wie die öffentliche Verwaltung eigentlich ihren Job macht. Ohne eine Übersicht ist ja eine Steuerung gar nicht möglich. Hintergrund der Fragen, waren Berichte, dass Anträge teilweise über 12 Monate nicht entschieden werden. Leider konnten aber auch die Fragen nach “Anträgen die zum Zeitpunkt der Beantwortung der Anfrage älter als 3 Monate und noch nicht beschieden wurden” nicht beantwortet werden.

Immerhin hält der Senat eine schnelle Bearbeitung von Anträgen auf Hilfe zur Pflege zur Sicherstellung der Versorgung von pflegebedürftigen Menschen für sehr wichtig und räumt diesem hohe Priorität ein, und hat dazu unterschiedliche Maßnahmen ergriffen (siehe u.a. Abgeordnetenhausbeschluss vom 04.07.2024 (Drs. Nr. 19/1520 und 19/1777).

Aus der Antwort geht auch hervor, dass der Landespflegeausschuss Berlin (LPA) in seiner 69. Sitzung beschlossen hat, ein Fachgespräch zum Thema „Bewilligungsverfahren und Kostenübernahme in der Hilfe zur Pflege (HzP) durch die Bezirksämter“ durchzuführen (Beschluss 10/2023). Innerhalb der zwei durchgeführten Fachgespräche des LPA, bei denen alle Beteiligten im Prozess der HzP (Leistungserbringer, Pflegebedürftige, Bezirke, Land Berlin) vertreten waren, wurden inhaltliche Themenschwerpunkte identifiziert. Ziel ist es, eine Optimierung der Prozesse innerhalb der HzP sicherzustellen unter der Beteiligung aller Akteure. Die innerhalb der Fachgespräche des LPA vereinbarten, operativen Lösungsstrategien sollen im November durch den LPA beschlossen und in den Bezirken umgesetzt werden.

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Gesamtstädtische Steuerung der Unterbringung (GStU) endlich umsetzen

Mehrbettzimmer, keine Privatsphäre, mehrere Monate bis Jahre Aufenthalt umfunktionierte Hostels ist die Realität für zu viele wohnungslose Menschen in Berlin. Um das zu ändern, wird in Berlin seit Jahren am Vorhaben “Gesamtstädtische Steuerung der Unterbringung (GStU)” gearbeitet. Ziel ist die Gewährleistung einer qualitätsgesicherten und bedarfsgerechten Unterbringung aller von Wohnungslosigkeit bedrohten oder betroffenen Personen, unabhängig von ihren staatsangehörigkeits- und aufenthaltsrechtlichen Verhältnissen, eine gesamtstädtische Kapazitätsplanung sowie gesamtstädtische Belegungssteuerung per Knopfdruck sowie die Etablierung einer soliden Datenbasis, die statistische Auswertungen zu Personengruppen und Unterbringungsformen zulässt. Obwohl die Umsetzung noch aussteht, hat der Senat inzwischen einen Abschlussbericht des Vorbereitungsprojektes vorgelegt (Rote Nummer 1788).

Wichtig ist, dass die Umsetzung jetzt endlich angepackt wird. Denn Berlin hat weiter zu wenige öffentlich-rechtliche Unterkünfte für wohnungslose Menschen. Daher ist seit Jahren Praxis, Menschen auf Grundlage des allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes in Hostels oder ähnlichem unterzubringen. Das ist vor allem teuer. Bis zu 600 Euro pro Kopf im Monat zahlt das Land dafür. Die Untergebrachten haben meist keine Privatsphäre, da Einzelzimmer leider die Seltenheit sind. Was als Übergangslösung für die Betroffenen gedacht war, hat sich zu einem Daueraufenthalt entwickelt. GStU soll dies endlich ändern. Doch selbst das IT-Verfahren läuft noch nicht vollständig und auch der Gesetzesentwurf für die nötigen Anpassungen liegt noch nicht vor. Der Bericht lässt auch durchblicken, woran es lag: Mangel an qualifiziertem Personal, häufige Mitarbeiterwechsel und die begrenzten Ressourcen der beteiligten Behörden. Eine gute funktionierende technische Ausstattung gab es auch nicht, so musste statt mit einem Projektmanagementtool mit Excel gearbeitet werden.

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Kein Fortschritt bei der Refinanzierung der Hauptstadtzulage

Die Hängepartie um die Refinanzierung der Hauptstadtzulage geht weiter. Eine aktuelle Anfrage bleibt ohne neue Erkenntnis. Stattdessen zieht sich der Senat auf die Vertraulichkeit der Gespräche zurück. “Die Redaktionsverhandlungen sind nicht öffentlich. Die Vertraulichkeit ermöglicht einen offenen Austausch zwischen der Arbeitgeberseite und den beteiligten Gewerkschaften. Nach Abschluss der Redaktionsverhandlungen werden die Tarifverträge veröffentlicht.” (Drucksache 19/20179)

Bündnis 90/Die Grünen fordern den Senat auf in der Sache schnell Klarheit zu schaffen und sich zum Prinzip “Gute Arbeit im öffentlichen Auftrag” zu bekennen. Ziel war und ist dabei unter anderem, dass Mitarbeiter*innen von freien Trägern die durch Zuwendungen (bspw. Sozialberatung oder Stadtteilzentren) oder Entgelte (bspw. Kitas oder Hilfen zur Erziehung) nach dem Tarif für den öffentlichen Dienst bezahlt werden (können). Im Dezember / Januar hatte der Senat in einer schriftliche Anfrage bestätigt: die Haupstadtzulage für freie Träger ist möglich.

Doch das Versprechen diese zu refinanzieren wurde dann vom Senat gebrochen und auf die noch laufenden Redaktionsverhandlungen verwiesen. Darin sollen die Eckpunkte der Tarifeinigung rechtssicher formuliert werden. An den Redaktionsverhandlungen zur Tarifeinigung für die Beschäftigten der Länder vom 9. Dezember 2023 nimmt die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für die Arbeitgeberseite teil.

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Stadtteilzentren als Begegnungsorte im Kiez

Der Ausbau von Begegnungsorten wie Stadtteilzentren und Kinder-, Jugend- und Familienzentren sind ein wichtiger Baustein zur Stärkung des sozialen Berlins. Konkret hat sich das Land Berlin das Ziel gesetzt, dass ein berlinweit flächendeckendes Angebot von Stadtteilzentren in jedem der 58 Berliner Prognoseräume entwickelt wird. Hierzu sollen u. a. zwölf neue Stadtteilzentren realisiert werden. Eine aktuelle Mitteilung – zur Kenntnisnahme – zeigt einen Zwischenstand (Vorgang 19/1857).

Hierzu fehlen aktuell mit Blick auf die Konsolidierung des Berliner Landeshaushaltes jedoch die finanziellen Möglichkeiten. Derzeit sind zehn Prognoseräume nicht oder nur unzureichend ausgestattet. Hinzu kommen drei Bezirksregionen, die aufgrund ihrer besonderen Stadtlage nicht an bestehende Einrichtungen angebunden werden können. Bis Jahresende 2024 werden voraussichtlich mit den neuen geförderten Stadtteilzentren insgesamt 48 gesamtstädtisch geförderte Stadtteilzentren ergänzt um 15 Nachbarschaftstreffpunkte verfügbar sein. Darüber hinaus werden zwölf Selbsthilfekontaktstellen sowie fünf Selbsthilfetreffpunkte und weitere übergreifende Angebote der Stadtteilarbeit gefördert.

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Integrierte Armuts- und Sozialberichterstattung sowie ein Dach „Soziales Berlin“

Zu Armut und zur sozialen Lage der Berliner Bevölkerung bzw. zu einzelnen sozialen Gruppen existieren im Land Berlin eine Vielzahl an z. T. sehr unterschiedlichen und untereinander nicht vollständig kompatiblen Berichterstattungsformaten. Die Folgen dieser fragmentierten Berichtslandschaft sind eine erschwerte Kommensurabilität der bestehenden Berichtsformate, das Vorliegen z. T. widersprüchlicher Ergebnisse sowie ein uneinheitlicher Blick auf Armut und soziale Lage im Land Berlin.

Seit Jahren steht daher eine integrierte Armuts- und Sozialberichterstattung (IASB) auf meiner politischen Agenda. Doch richtig voran gekommen ist das Ganze nicht. Ende 2023 hat die Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung hat eine neue digitale Lösung zur Visualisierung von Sozialdaten vorgestellt (zum Dashboard des Sozial-Informations-System (SIS)). Und im Februar hat der Senat nun das Geld für eine externe wissenschaftliche Begleitung bekommen (Rote Nummer 1490).

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Hauptstadtzulage und weitere Refinanzierung des TV-L-Abschlusses

Im Dezember / Januar hatte der Senat in einer schriftliche Anfrage bestätigt: die Haupstadtzulage für freie Träger ist möglich. Noch bevor der Senat seine Entscheidung rückgängig gemacht hat, hatte ich den Senat nach den im Dezember zugesagten Hilfestellungen gefragt (Drucksache 19/18277).

Das Zentrale der Antwort ist nach den aktuellen Vorkommnissen sicher die Aussage zur Hauptstadtzulage: “Hinsichtlich der Hauptstadtzulage bleiben die Redaktionsverhandlungen zur weiteren Konkretisierung, sowie Art und Umfang und zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens und die genaue Ausgestaltung der Anschlussregelung für die Hauptstadtzulage abzuwarten.”

Der Senat drückt sich damit vor der Verantwortung, in dem er die notwendige Entscheidung auf andere Bundesländer abwälzt. Wie Berlin seine Zuwendungsempfänger finanziert, muss der Senat schon selbst entscheiden. Die Unfähigkeit zur eigenen Entscheidung durch Nebelkerzen und Ablenkungsmanöver zu verschleiern, schadet der Glaubwürdigkeit Berlins massiv.

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