Digitalgesetz für Berlin – ein Update für die digitale Verwaltung
Das Berliner E-Government-Gesetz (EGovG Bln) von 2016 braucht ein Update. Dieses muss unter anderem auf der Evaluation des Berliner E-Government-Gesetzes (Rote Nummer 18/2765 E) von 2021 aufbauen. Es soll dazu den neuen rechtlichen Grundlagen durch das neue OZG 2.0 und des aktuellen europäischen Rechtsrahmen gerecht werden. Mit einem Antrag legen Bündnis 90/Die Grünen konkrete Vorschläge vor (Drucksache 19/1501).
Mit der Weiterentwicklung zu einem Digitalgesetz schlagen wir ein Recht auf digitale Kommunikation mit der Verwaltung, die Verankerung der zentralen IKT-Steuerung, eine zentrale IT-Vergabe sowie eine klare Ausrichtung nach dem Leitmotiv „Public Money, Public Code“ vor. Im Sinne einer Bringschuld soll die Verwaltung Leistungen für Bürger*innen proaktiv vorschlagen oder sogar automatisch gewähren. Das neue Digitalgesetz soll garantieren, dass bei der Digitalisierung von Prozessen und Leistungen der Verwaltung die Bedürfnisse der Nutzenden, der Bürger*innen, der Wirtschaft und der Verwaltungsmitarbeiter*innen im Fokus stehen.
Es soll aktuellen Herausforderungen der Digitalisierung stand halten und „Security by Design“ sowie „Privacy by Design“ als Grundsatz der Digitalisierung festzulegen. Das neue Digitalgesetz soll sicherstellen, dass Berlin in den nächsten Jahren schnell und effektiv die Verwaltung digitalisiert. Wir schlagen dazu ein individuelles Recht auf eine regelmäßige Fortbildung für die Beschäftigten der Landes- und Bezirksverwaltungen vor. Darüber hinaus soll die Nutzer*innenfreundlichkeit zentrale Aufgabe bei der Weiterentwicklung von Fachverfahren werden.
Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:
Die Zukunft der Berliner Verwaltung ist digital. Daher wird der Senat aufgefordert, dem Abgeordnetenhaus einen Entwurf für ein modernes Digitalgesetz vorzulegen. Dieses soll das Ziel haben, das aktuell gültige E-Government-Gesetz Berlin sowie das Onlinezugangsgesetz Berlin zu einem modernen Digitalgesetz weiterzuentwickeln und den Berliner*innen ein Recht auf eine digitale Verwaltung zu garantieren sowie eine gesamtstädtische Steuerung für die Digitalisierung im Land Berlin sicherzustellen. Das Digitalgesetz soll den Bedürfnissen und Lebensrealitäten der Bürger*innen gerecht werden und die Verwaltung zum modernen und digitalen Arbeiten befähigen.
- Das Land Berlin gestaltet und fördert die Digitalisierung im Interesse von Bürger*innen, Gesellschaft und Wirtschaft und im Sinne der Nachhaltigkeit. Die Maßnahmen des Landes zielen insbesondere auf die Förderung digitaler Technologien im Land Berlin in Verbindung mit nachhaltiger Ressourcennutzung, die Digitalisierung der Verwaltung und den Ausbau digitaler Verwaltungsangebote, ein modernes Datenmanagement der Berliner Verwaltung, die Vereinfachung und nutzer*innenfreundliche Gestaltung von Verwaltungsleistungen, die Bereitstellung offener Daten der Verwaltung und die digitale Barrierefreiheit öffentlicher Dienste.
- Das Digitalgesetz von Berlin soll garantieren, dass bei der Digitalisierung von Prozessen und Leistungen der Verwaltung die Bedürfnisse der Nutzenden, der Bürger*innen, der Wirtschaft und der Verwaltungsmitarbeiter*innen im Fokus stehen. Dies bedeutet auch, dass digitale Angebote einheitlich, mobil, barrierefrei und mehrsprachig zugänglich sein müssen.
- Berlin garantiert seinen Bürger*innen das Recht auf digitale Kommunikation mit der Verwaltung. Jede Behörde in Berlin soll einen Zugang zur Übermittlung digitaler Dokumente zur Verfügung stellen. Dazu gehört eine digitale Antwort im elektronischen Postfach im Rahmen der Umsetzung der BundID. Der elektronische Identitätsnachweis ist als Standard zu etablieren.
- Das Digitalgesetz soll im Sinne einer Bringschuld die Grundlage verbessern, dass Verwaltung Leistungen für Bürger*innen proaktiv vorschlagen oder sogar automatisch gewähren kann. Anträge sollen, wo möglich, vorausgefüllt mit den in Registern vorhandenen Daten der Bürger*innen bereitstehen.
- Nicht nur Bürger*innen sollen von der Digitalisierung profitieren, auch die Mitarbeiter*innen in der Berliner Verwaltung müssen entlastet werden. Medienbruchfreiheit soll im neuen Digitalgesetz einen rechtlich hohen Stellenwert bekommen. Es soll ein individuelles Recht auf eine regelmäßige Fortbildung für die Beschäftigten der Landes- und Bezirksverwaltungen etabliert werden. Darüber hinaus soll die Nutzer*innenfreundlichkeit zentrale Aufgabe bei der Weiterentwicklung von Fachverfahren werden. Um in der Breite die Digitalkompetenz auszubauen, sollen Digitallots*innen eingeführt werden, die dazu beitragen sollen, die Digitalisierung auf der Nutzer*innenebene so effizient und verständlich wie möglich zu gestalten. Das Digitalgesetz soll die „Abschaffung“ der Schriftform für die digitale Abwicklung von Verwaltungsdienstleistungen umsetzen.
- Das EGovG Bln soll weiterentwickelt werden und dabei die neuesten Entwicklungen der Rechtsprechung beachten sowie die Evaluation des EGovG Bln berücksichtigen.
- Digitalisierung darf in einem föderalen Staat nicht nur aus der Perspektive des eigenen Bundeslandes gedacht werden. Daher soll das derzeitige Onlinezugangsgesetz Berlin in das Digitalgesetz integriert werden. Dies fördert die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern sowie Interoperabilität und Nachnutzung.
- Das Ziel eines Europäischen Zugangstors, wie in der europäischen Single Digital Gateway Regulation formuliert, muss sich im Digitalgesetz widerspiegeln.
- Die digitale Souveränität und Handlungsfähigkeit des Landes Berlin muss gefördert und gesetzlich verankert werden. Das ITDZ soll zentraler, leistungsfähiger IT-Dienstleister bleiben und in seiner Rolle gestärkt werden, um den Erwartungen der Kund*innen gerecht zu werden. Staatliche Rechenzentren und staatlich verfügbare Netze, geeignete Cloud-Dienste und weitere geeignete Technologien und Anwendungen sollen beim ITDZ angesiedelt werden. Zusammenschlüsse mit anderen Bundesländern sollen möglich sein. Die zentrale digitale Veröffentlichung relevanter Standards und Schnittstellen ist verpflichtend. Das Land Berlin soll Open Source Produkte einsetzenund fördern nach dem Leitmotiv „Public Money, Public Code“. Ein Vorbehalt für digitale Souveränität soll gesetzlich verankert werden. Das Open-Source- Kompetenzzentrum soll zu einem Zentrum für digitale Souveränität weiterentwickelt werden. Überdies soll das Architekturboard in seiner Rolle gestärkt und durch Expertise der Stadtgesellschaft ergänzt werden.
- Die Förderung von IT-Sicherheit auf dem Stand der Technik und im Einklang mit den entsprechenden Gesetzen des Bundes muss Priorität haben. Dazu gehören die Verankerung der Prinzipien Datensparsamkeit, „Security by Design“ sowie „Privacy by Design“, schnell reagierende Beschwerdestellen sowie ein*e gut ausgestattete*r und weisungsunabhängige*r IT-Sicherheitsbeauftragte*r in Berlin. Regelungen, die regelmäßige Fortbildungen von Mitarbeitenden sicherstellen, sollen gesetzlich verankert werden.
- Das Land Berlin arbeitet mit dem Bund und anderen Ländern im Bereich der Digitalisierung zusammen. Im Rahmen dieser Arbeit ist die Nutzung von offener Software und offenen Schnittstellenstandards zu fördern. Dazu soll die Nachnutzung von Fachverfahren aus dem OZG gefördert werden.
- Eine moderne Verwaltung soll Automatisierung und Entscheidungssysteme nutzen. Die Verwaltung soll zukünftig regelmäßig prüfen, welche Vorgänge und Leistungen automatisiert erbracht werden können. Jede Automatisierung erfordert eine Prüfung, die sicherstellt, dass sie keine Diskriminierung befördert. Für den Einsatz von KI in der öffentlichen Verwaltung sollen qualitätssichernde Prozesse, Tests, Risikoanalysen-. und Abwägungen sowie Dokumentationspflichten vorgegeben werden, die die Entwicklung von möglichst objektiven, gesetzeskonformen Algorithmen dokumentieren. Algorithmen und KI müssen fortlaufend auf ihre Diskriminierungsfreiheit geprüft werden.
- Die zentrale IKT-Steuerung soll weiter ausgebaut werden. Die Verantwortung für die verfahrensabhängige IKT soll im Sinne einer gesamtstädtischen Steuerung stärker ausgeprägt werden und dabei die dezentrale Fachverantwortung erhalten. Mit dem neuen Digitalgesetz soll der bisherige IKT-Lenkungsrat verkleinert werden. Als beratende Mitglieder sollen insbesondere ein Mitglied des Hauptpersonalrats der Behörden, Gerichte und nicht rechtsfähigen Anstalten des Landes Berlin, ein*e Vertreter*in des ITDZ Berlins und ein durch den für Kommunikationstechnologie zuständigen Ausschuss des Abgeordnetenhauses zu wählendes Mitglied ergänzt werden.
- Die IT-Vergabe von verfahrensabhängiger IKT, die bisher in Verantwortung der fachlich zuständigen Senatsverwaltungen liegen, sind zu bündeln. Die IT-Vergabe von verfahrensabhängiger IKT soll dazu bei einer Senatsverwaltung oder im ITDZ in einem ersten Schritt als qualitativ hochwertiger Service zentralisiert werden. Ziel ist es, die Qualität, die Rechtssicherheit und die Effizienz der Vergaben zu verbessern. IKT- Basisdienste sollen dazu gestärkt und gefördert werden, um gleiche Dienstleistungsqualität in ganz Berlin zu garantieren.
- Open-Data ist ein wesentlicher Bestandteil einer modernen Verwaltung. Die Open-Data Rechtsverordnung ist weiterzuentwickeln und im Digitalgesetz zu verankern. Dateninventuren sollen für alle Verwaltungen verpflichtend werden.
Begründung:
Ziel ist, das aktuell gültige E-Government-Gesetz Berlin sowie das Onlinezugangsgesetz Berlin zu einem modernen Digitalgesetz weiterzuentwickeln, den Berliner*innen ein Recht auf eine digitale Verwaltung zu gewähren und eine gesamtstädtische Steuerung für die Digitalisierung im Land Berlin sicherzustellen. Das Digitalgesetz soll den Bedürfnissen und Lebensrealitäten der Bürger*innen gerecht werden und die Verwaltung zum modernen und digitalen Arbeiten befähigen.
Als Beispiel aus dem e-Government Gesetz in Thüringen:
§ 4 Offene Standards und Freie Software
(1) Zur Gewährleistung einer weitreichenden Interoperabilität sind neue Anwendungen und Technologien mit offenen Schnittstellen sowie Standards auszustatten und hierüber nutzbar zu machen. Neue Anwendungen und Technologien sollen möglichst abwärtskompatibel sein.
(2) Dort wo es technisch möglich und wirtschaftlich ist, soll der Einsatz von Open-Source-Software vorrangig vor solcher Software erfolgen, deren Quellcode nicht öffentlich zugänglich ist und deren Lizenz die Verwendung, Weitergabe und Veränderung einschränkt.
(3) Bei neuer Software, die von der öffentlichen Verwaltung oder speziell für diese entwickelt wird, ist der Quellcode unter eine geeignete Freie-Software- und Open-Source-Lizenz zu stellen und zu veröffentlichen, soweit keine sicherheitsrelevanten Aufgaben damit erfüllt werden.
Das kann man wirklich 1zu1 für Berlin übernehmen. Das OZG 2.0 geht für den Bund in §16a ja sogar noch etwas weiter als (2).