Bio-Imperialismus ist keine Lösung – Grüne Energie für Berlin nicht auf Kosten der Ärmsten dieser Erde!
Auf der kommenden Landesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90 / Die Grünen in Berlin steht auch das Thema Holz- bzw. Biomasseimport auf der Tagesordnung. In einem Antrag DIE ENERGIE DER ZUKUNFT FÜR BERLIN IST GRÜN des Landesvorstandes heißt es dazu:
“Dass die Biomasse als Übergangslösung zur Wärmeerzeugung mehr Nutzen als Schaden bringt, kann nur mit klaren und unabhängig kontrollierten Umwelt- und Sozialstandards sichergestellt werden. Bisher hat weder die EU noch die Bundesregierung Nachhaltigkeitsstandards für Holzbiomasse festgelegt. Wir Grüne halten es für dringend nötig, dass die Verhandlungen zwischen Vattenfall und dem Senat über Umwelt- und Sozialstandards und ein Kontrollsystem nicht weiter im Verborgenen stattfinden, sondern in einem transparenten Prozess, an dem Umwelt- und Entwicklungsverbände beteiligt werden.
Ein zentraler Umweltstandard ist dabei für uns eine vorteilhafte CO2-Bilanz der Biomasse über den Lebenszyklus. Nur die Biomasse, deren CO2-Bilanz inkl. Flächen, Anbau, Transport besser ist als die von Erdgas, soll eingesetzt werden dürfen. Daher ist beispielsweise die Ankündigung von Vattenfall, Holzbiomasse bei der Mitverbrennung auch bei einer schlechteren Treibhausgasbilanz als Erdgas einzusetzen, nicht akzeptabel. Vorteilhaft ist Holzbiomasse insbesondere dann, wenn zu ihrer Beschaffung langfristige Verträge geschlossen werden, die zur Wiederaufforstung verloren gegangener Wälder führen.”
Ich meine es braucht deutlichere Worte zum Import von Holz / Biomasse. Hinter dem Antrag steckt der Glaube, dass mit Ökoimperialismus Berlins Klimaziele zu erreichen sind.
Vattenfall selbst hat erklärt, für seine neuen Pläne jährlich 1,28 Mio t an Holz zu brauchen. Wenn wir vom hiesigen Wald ausgehen, entspricht das einem jährlichen Holz-Wachstum auf etwa 2.500 km2, also etwa dem 15fachen der Waldfläche innerhalb von Berlin! Wohlgesagt: nicht um Kohle zu ersetzen, sondern um sie in geringfügigen Anteilen zu substituieren. Dass dieser immense Holzbedarf nicht annähernd aus der Region gedeckt werden kann, liegt auf der Hand. Die Brandenburger Landesregierung hat vor wenigen Monaten bestätigt, dass bereits jetzt die Nachfrage das Angebot an heimischem Holz zur energetischen Nutzung übertrifft. Es ist auch illusionär, auf nennenswerte Lieferungen aus anderen Regionen und Ländern der EU zu setzen; überall wird es Bestrebungen geben, fossile Energiestrukturen durch den Rohstoff Holz zu ersetzen.
Es ist daher konsequent, wenn Vattenfall ausdrücklich auf Holzimporte für den einheimischen Bedarf setzt. Als erste Option hat das Unternehmen Holzlieferungen aus Liberia ins Spiel gebracht. Nun ist Liberia bekannt für eine massive Vernichtung von Regenwald und dadurch mögliche Holzexporte, mit denen Kriegsparteien einen 16 Jahre andauernden blutigen Gewaltkonflikt im Land finanzierten. Je mehr Holz exportiert wird, desto stärker werden die Menschen – zur Deckung des eigenen Bedarfes an energetisch genutztem Holz – auf heimische Waldbestände zurückgreifen müssen.
Wenn Berlin – wie andere Städte und Regionen der EU – seinen im Weltvergleich stark überhöhten Energiebedarf anteilig durch Holzimporte aus Afrika, Asien oder Lateinamerika abdeckt, werden wir die akute Holzkrise in der einheimischen Bevölkerung noch verschärfen und der Zerstörung des dortigen Waldbestandes Vorschub leisten. Aus umwelt- wie aus gesellschaftspolitischer Sicht ist eine Energiestrategie, die auf Holzimporte setzt, kontraproduktiv. Den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger zu organisieren, ist „nur“ die eine Aufgabe. Die andere ist, die Biokapazität der Erde, zu deren Abbau die Menschheit massiv beigetragen hat, wieder zu stärken, auch damit übermäßig in die Atmosphäre freigesetztes Kohlendioxid wieder absorbiert wird. Der Erhalt und die Ausweitung des Waldbestandes steht da als Aufgabe ganz vorne.
Aus meiner Sicht muss Ziel sein ein Energiekonzept für Berlin-Brandenburg zu verfolgen, dass die Kapazität auf das in der Region vorhandene Biomasse-Angebot beschränkt. Um dies auch deutlich im bündnisgrünen Beschluss zu verankern habe ich daher folgenden Änderungsantrag eingebracht.
“Biomasse als Übergangslösung zur Wärmeerzeugung kann nur mehr Nutzen als Schaden bringen, wenn klare und unabhängig kontrollierten Umwelt- und Sozialstandards sichergestellt und Nutzungskonflikte ausgeschlossen werden. Daher setzen Bündnis 90 / Die Grünen auf die Biomasse-Potentiale der Region. Mit einem Biomassekonzept – in welchem sich die Nutzung von Biomasse am regionalen verfügbaren Angebot an ökologisch unbedenklicher Biomasse orientiert – halten wir dies für nachhaltig und vertretbar. Der Import von Biomasse aus Übersee zur Sicherung der Energieversorgung Berlins ist keine vertretbare Lösung.
Sollten Biomassekraftwerke gebaut werden, sind diese in der Summe so zu dimensionieren, dass sie ausschließlich mit regional gewonnener Biomasse betrieben werden, und dass diese die Wirtschaftstrukturen im Umland nicht negativ beeinflussen. Ein zentraler Umweltstandard ist dabei für uns eine vorteilhafte CO2-Bilanz der Biomasse über den Lebenszyklus. Nur die Biomasse, deren CO2-Bilanz inkl. Flächen, Anbau, Transport besser ist als die von Erdgas, soll eingesetzt werden dürfen. Daher ist beispielsweise die Ankündigung von Vattenfall, Holzbiomasse bei der Mitverbrennung auch bei einer schlechteren Treibhausgasbilanz als Erdgas einzusetzen, nicht akzeptabel.”
Lesenswert ist hierzu auch der Artikel “Klimaschutz auf dem Holzweg – Welche ökologischen und sozialen Folgen haben Holzimporte für energetische Zwecke?” von Hartwig Berger.
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