Stefan Ziller

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Ist was passiert? Ja, der Klimawandel geht weiter. Egal was beschlossen wird. Leider!

Gastbeitrag von Georg Kössler

Am vergangenen Samstag endete die 18. Klimakonferenz in Doha (Katar). Im Land mit den höchsten Pro-Kopf-Emissionen der Welt wurde um die Rettung eben jener gerungen geredet. Das Umfeld regte dazu aber auch an: Da gab es Hochhäuser, Swimmingpools und künstliche Skipisten mitten in der Wüste; alles finanziert durch Ölexporte. Es wurde folglich viel beschlossen (Dokumente gibt es hier), wieder kräftig überzogen und dennoch fast nichts erreicht. Sicher waren die Teilnehmer/innen diesmal schlauer als in Cancun oder Durban und haben bereits spätere Flüge gebucht gehabt. Doch auch wer vor dem offiziellen Ende abgereist ist, hat nicht all zu viel verpasst.

Eine erste gute Analyse von meiner Kollegin Lili Fuhr auf Klima-der-Gerechtigkeit zeigt bereits aus das Dilemma. Im Film „Täglich grüßt das Murmeltier“ wird die Welt immer komischer und auch immer tragischer, mit jedem sich wiederholenden Tag. Bei Lili‘s Fazit „Prozess gerettet, Klima nicht“ vergeht einem das Lachen. Es gab aber noch mehr Parallelen zu vergangenen Klimaverhandlungen:

Das Konsens-Prinzip der UNO wurde ignoriert. Nachdem in Cancun 2010 das kleine Bolivien „überhört“ wurde, half ein Jahr später in Durban (Südafrika) der Vertreterin Kolumbiens nicht einmal ein Tanz auf dem Tisch, um ihrem Einspruch Gehör zu verschaffen. Diesmal wurde Russland – immerhin G8-Staat! – vom Präsidenten der COP ignoriert.

Es wurden Arbeitskreise gegründet. Ich habe nicht gezählt, aber es waren wieder einige. Der besonders wichtige LCA-Arbeitskreis – das ist der, welcher in Kopenhagen ein neues Abkommen präsentieren sollte – wurde offiziell beendet. Damit endet ein Schreckgespenst, welches in immer längeren Texten immer diffuser wurde. Bereits in Durban wurde vereinbart, dass im Jahr 2015 ein globales Abkommen verabschiedet werden soll, welches spätestens 2020 in Kraft treten muss. Nun arbeitet mensch vor allem in dieser „Durban Plattform“ weiter. Es ist fraglich, ob sie sich auch auf einer Gespensterfahrt verirrt.

Der Spuk mit dem Kyoto-Protokoll geht weiter. Das ist prinzipiell erstmal garnicht so schlecht. Der Norden ist verpflichtet (aber nicht alle, bisher nur die EU, Australien, Norwegen, die Schweiz, Island, Monaco, Liechtenstein, Weißrussland, Ukraine und Kasachstan; insgesamt 15% globaler Emissionen. Leider wollen Kanada, Russland, Japan, die USA und Neuseeland garnicht mitmachen.) bis 2020 nochmal run 18% der Emissionen im Vergleich zu 1990 einzusparen. Ziel der EU bis dahin sind schon seit Jahren -20%. Es hätten auch -30% sein dürfen, aber v.a. Polen blockierte die EU so sehr, dass diese ein Fall für die Klima-Intensivstation ist. Der Emissionshandel kann damit aber weitergehen (OK, wäre er auch ohne Kyoto Protokoll) und die weiteren flexiblen Mechanismen wie CDM und JI ebenso. Auch wenn kein/e echte Klimaschützer/in diese mehr ernst nimmt.

Die Deutsche Position in den Verhandlungen ist weiter gesunken. In Kopenhagen durfte Merkel noch Obama zuschauen, wie der Akkord verfasst wurde. In Durban spielte sich Röttgen als Freund und Helfer der kleinen Inselstaaten auf, verscherzte es sich aber mit China. Altmaier‘s Taktik der großen Umarmung – auf nationaler Ebene erfolgreich bei allen außer Philipp Rösler – verfing überhaupt nicht. Er war Zaungast einer ohnehin trostlosen Gartenparty. Fazit aus Doha: Deutschland lahmt, Polen blockiert, die EU ist peinlich.

Es gab Beschlüsse zur Finanzierung von Anpassung und Vermeidung. Wieder wurden Gelder versprochen, die schon feststanden. Wieder weiß niemand, ob diese auch wirklich zusätzlich sind und jemals ankommen, wo sie gebraucht werden. Es gab – Achtung, neu! – eine Übereinkunft, sich mehr mit „loss & damage“ zu beschäftigen. Das ist quasi eine „Klima-Kompensation“ für die bereits verursachten Schäden durch den Klimawandel. Die USA haben aber darauf bestanden, es nicht „Kompensation“ zu nennen. Auf die Amis ist eben Verlass, die ändern sich nicht so schnell – trotz „Sandy“.

Wieder wurde ein Club angekündigt, der vorangehen will. Diesmal der Club der Energiewende-Staaten von Peter Altmaier, unserem Bundesankündigungsminister. Wieder heißt es: außer Spesen nix gewesen. Ich habe ehrlich gesagt auch keine Lust mehr, hier über die zahlreichen Versuche von Politikern zu referieren, die ihre „progressiven Allianzen“ verkaufen wollen. Meine Meinung dazu: Ganz oder gar nicht.

Wir brauchen eine Klimapolitik der unterschiedlichen Geschwindigkeiten (KluG). Dies wird bisher von den Grünen und nun vermehrt von NGOs (z.B. hier) vertreten. Dabei ist die Idee ja an sich nichts Neues; wer mehr kann und mehr machen will, soll bitte vorangehen. Die Klimaverhandlungen sollen ja nicht den Klimaschutz dort ausbremsen, wo er heute schon möglich ist.

Allerdings muss solch eine „progressive Allianz“ oder ein „2 Grad Club“ bitte mehr sein, als bisherige Labervereine. Wie kommt aber ein Anreiz in solch ein Konstrukt? Vorteile für die Mitglieder, z.B. im Rohstoffhandel, sind immer auch Nachteile für Außenstehende. Das ist von der Logik her genau richtig – wer nicht handelt muss die Konsequenzen dafür tragen! Allerdings sind die bisherigen Vorschläge zum Großteil handelspolitisch und somit innerhalb des WTO-Rahmens unmöglich. Oder wer tritt für ein KluG-Versuch freiwillig aus dieser mächtigen Runde aus? Niemand! Die Herausforderung der nächsten 24 Monate liegt nun also darin, kreativ zu sein. Es bedarf eines Mechanismus der einige Länder belohnt (z.B. durch Technologie-Transfer) und andere – zumindest indirekt – bestraft. Der „benefit“ für die Club-Mitglieder muss enorm sein, denn solch eine Allianz will sich ja darüber auszeichnen, dass sie vorangeht. Heute gilt allerdings schon als progressiv, wer nicht rückwärts taumelt.

Ich schreibe hiermit “einmal von mir bekocht werden” für die Person aus, die mit einer innovativen und tragfähigen Idee für ein „benefit“ kommt. 

Die unterschiedlichen Geschwindigkeiten müssen aber auch im Prozess wiedergespiegelt werden. Akteure alleine reichen nicht. Das Dogma des „all is connected“ und „nothing is decided, until everything is decided“ ist tot, denn es lähmt die Verhandlungen und macht sie so kompliziert, dass nur noch wenige Expert/innen damit etwas anfangen können. Darunter leiden vor allem die Staaten, die sich solche Apparate nicht leisten können. Es muss möglich sein, in einzelnen Teilen – z.B. dem Waldschutz – schneller voran zu kommen als in anderen. Der Baustein „CO2-Ziele“ wird ganz sicher einer der letzten sein, auf die mensch sich einigt. So what? Die COPs werden keine revolutionären Reduktionszahlen hervorbringen, aber sie können wertvolle Methodologien, Schutzfahrpläne und Kleinabkommen hervorbringen.

Die Klima-Karawane zieht weiter und Stimmen rufen nach einer Runde auf Ebene der ganz Großen, der Staats- und Regierungschef/innen geben. So hat bereits Ban Ki-Moon, UN-Generalsekretär, für 2014 zu einem globalen Klimagipfel nach New York eingeladen. Das letzte Mal allerdings, als die angeblich so großen und entscheidungsfähigen Menschen zusammen trafen um das Klima zu retten, schrieben sie auf zwei Seiten ad hoc ein mangelhaft durchdachtes Abkommen, dem anschließend viele Staaten nicht zustimmen konnten. Der Name dieses Papieres? Copenhagen Akkord.

PS: Auch dieser vom BMU geförderte Film stellt die Klimakonferenzen indirekt in Frage und zeigt, was COP-18 das Klima gekostet hat. (Link)

Georg Kössler ist seit 2009 Autor auf Klima der Gerechtigkeit.

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