Stefan Ziller

GRÜN für Marzahn, Biesdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und Hellersdorf

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Wie viel Digitalisierung und Verwaltung steckt im Koalitionsvertrag 2023?

Am 27. April 2023 soll der neue Regierende Bürgermeister im Berliner Abgeordnetenhaus gewählt werden. Zeit sich den Koalitionsvertrag von SPD und CDU mal mit Blick auf die Themen Digitalisierung und Verwaltung anzuschauen. Was steht drin, was fehlt und was wird davon umgesetzt?

Ein zentraler Satz ist sicherlich ganz am Ende auf Seite 135 zu finden: “Die Zuständigkeiten für Verwaltungsmodernisierung und Digitalisierung sowie für Europa werden dem Regierenden Bürgermeister zugeordnet.” Dies ist eine richtige Entscheidung, für die wir uns in den letzten Jahren immer wieder eingesetzt haben. Glückwunsch an die CDU, dass gegen die SPD durchgesetzt zu haben.

Beim Blick auf das Inhaltsverzeichnis fällt auf: Digitalisierung gibt es nicht als eigenständiges Kapitel. Wesentliche Teile finden sich unter “Digitale Verwaltung” im Kapitel Funktionierende Verwaltung gleich zu Beginn des Koalitionsvertrages. Es fällt auf, dass viele Vorhaben der Rot-Rot-Grünen Koalition fortgesetzt werden sollen. An einigen Stellen fehlen konkrete zeitliche Einordnungen. Dies ist angesichts der verbleibenden drei Jahre Legislatur interessant. Nicht zielführend halte ich im Bereich Digitalisierung den Vorschlag, zusätzlich zum ITDZ einen zusätzlichen IT-Dienstleister zu gründen (“der sich auf die Bereitstellung von Angeboten für Verfahrensabhängige-IKT, inklusive cloudbasierter Systeme konzentriert” S.16). Die zentralen Probleme zwischen IKT-Steuerung (CDO) und ITDZ löst dies nicht. Vielmehr müssen die anstehenden Entscheidungen über die Finanzierung und Führungsstruktur des ITDZ in meinen Augen zeitnah getroffen werden. Seit Sommer 2022 liegt eine Diskussions- und Entscheidungsgrundlage vor.

Auch beim Thema Verwaltung findet sich vieles bereits im Koalitionsvertrag von 2021 oder in den Bündnisgrünen Vorschlägen für ein Update der Berliner Verwaltung. Leider ist vielen am Ende noch unkonkreter und unverbindlicher als frühere Dokumente und Planungen. Wir werden die neue Regierung unterstützen, das gemeinsame Ziel einer funktionieren Stadt zu erreichen. Wir werden die Arbeit aber auch immer kritisch hinterfragen und die konkrete Umsetzung einfordern. Klar ist: Am Ende kann nicht die einzige Idee für effektive Mechanismen gesamtstädtischer Steuerung, die Etablierung einer flächendeckender Fachaufsicht des Senats gegenüber den Bezirken werden. Wir werden weiter für einen Mix aus Zielvereinbarungen und der Umsetzung des Konexitätsprinzip streiten.

Folgend noch einige Punkte als kleine Übersicht (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

  • Reform der Verwaltung und gesamtstädtische Steuerung: die Koalition bekennt sich zum Konexitätsprinzip, will die beschlossenen Eckpunkte zur Verwaltungsreform vom Februar 2023 umsetzen, das allgemeine Zuständigkeitsgesetz und den Zuständigkeitskatalog “durch ein neues Gesetz über die Aufgabenverteilung und Zusammenarbeit in der Berliner Verwaltung ersetzen.” (S. 10). Das Instrument der Zielvereinbarungen soll evaluiert werden (S. 11). “Wir wollen für die Bezirke Planbarkeit und Verlässlichkeit sichern und prüfen eine Reform der Bezirksfinanzierung unter Betrachtung der Kosten-Leistungs-Rechnung. Dabei sollen die Bedarfe der Bezirke und Anreize zur Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden.” (S. 127)
  • Bürgerämter: die Verwaltung soll “serviceorientierter” arbeiten, unter anderem Bürger*innen auf den Ablauf des Ausweisdokuments hinweisen. Das Projekt Springerpool der Rot-Grün-Roten Regierung soll endlich umgesetzt werden (S. 11). Es sollen wie bisher geplant weitere Bürgerämter eingerichtet. Offen bleibt jedoch weiter, wo diese entstehen sollen und mit welchem Personal sie ausgestattet werden. Zusätzlich sollen auch weiter mobile Bürgeramts-Einheiten eingesetzt werden (S. 11). Versprochen wird ein “digitales Bürgeramt der Zukunft” (S. 13). Was dies bedeutet und in welchem Verhältnis dies zum Service-Portal Berlin steht, bleibt offen. Der Vertrag beschreibt auch zusätzliche mobilen Applikation (S. 13). Bereits im Januar habe ich dazu berichtet, dass die derzeitige Berlin App kaum genutzt wird und es bisher keine konkreten Pläne gibt.
  • Personal: Grundsätzlich soll die Verwaltung modern und agil arbeiten (S. 13). Ob hiermit gemeint ist, das Projekt “Arbeiten Mal anders” weiterzuentwickeln und neben SenFin auch anderen Verwaltungen zu ermöglichen, bleibt offen. Bis Ende der Legislaturperiode soll es eine “belastbare und langfristige Personalbedarfsplanung” aufgestellt werden. Gesamtstrategie zur für Personal, für den IT-Bereich werden Zuschläge wie in Bayern geprüft (S. 11).
  • Digitalisierung der Verwaltung: die derzeitige Planung wird fortgeführt und die eAkte soll bis spätestens Ende der Legislaturperiode umgesetzt sein (S. 14). Eine Multi-Cloud-Strategie soll erarbeitet werden und Basisanwendungen sollen cloudbasiert zur Verfügung gestellt werden (S. 15). “Das Ausrollen des IKT-Arbeitsplatzes auf sämtliche Arbeitsplätze des Landes Berlin mit seinen vier Komponenten Telefonie, LAN, Drucken und BerlinPC wird fortgeführt. Hierzu gehören auch Kollaborationstools.” (S. 16). Die One-Device-Strategie soll “konsequent und beschleunigt” umgesetzt werden (S. 11). Die Gigabitstrategie wird fortgeführt (S. 83). “Die Koalition entwirft ein Konzept, welche Flächen für Rechenzentren mit energetischer Synergie bei Abwärme genutzt werden können.” (S. 83). Das CityLab Berlin soll weiter ausgebaut werden (S. 15). Mittels Hackathons sollen Start-ups zur Digitalisierung einbezogen werden (S. 78). Alles gute Vorhaben, die Umsetzung bleibt eine Herausforderung.
  • EGovG Bln: das EGovG Berlin soll durch ein Digitalisierungsgesetz ersetzt werden. Ob dies mehr als eine Namensänderung ist, wird sich zeigen (S. 14).
  • Transparenzgesetz: Auch ein Transparenzgesetz soll nach Hamburger Vorbild (S.12) kommen. Ob dieses Bekenntnis mehr wert ist, als in Koalitionsverträgen von 2016 und 2021 bleibt abzuwarten. Dies ist zuletzt immer wieder der SPD gescheitert. Klar ist: der vorliegende Entwurf könnte dank der Vorarbeit in den letzten Jahren schnell umgesetzt werden.
  • Open Data: die Koalition bekennt sich zu “Open by default” (S. 13). Ein neues Data Governance soll eingeführt werden. Was dies genau bedeutet, bleibt jedoch offen. Ob ein Musterdatenkatalog verwendet wird oder ein Musterklausel eingeführt werden soll, bleibt ebenso offen. Zudem soll das Vorhaben “Berlin Datahub” weitergeführt werden (S. 15).
  • Open-Source: wird als Stärkung für die digitale Souveränität gesehen (S. 16). Neben Lern und Lehrmittel, bei denen vorrangig Open-Source Lösungen geprüft werden sollen (S. 40), findet Open-Source keine weitere Erwähnung.
  • Datenschutz: mein Projekt eines Datenschutzcockpits soll auch von der neuen Koalition weitergeführt werden. Es soll in Zukunft Bürger*innen informieren, auf welche persönlichen Daten zugegriffen werden (S.15). Die Datenschutzbeauftragte soll Positiv-Listen zur Verfügung stellen (S. 16). Zusätzlich soll eine Servicestelle “Datenschutzberatung” geprüft und die Digitalagentur Berlin weiter ausgebaut werden (S. 79).
  • KI und Algorithmen: die Koalition will KI zur Entlastung einsetzen (S. 15). Von einem KI- und Algorithmen Register wird jedoch nicht gesprochen. Als Beispiel soll ein “Digitales Parkraummanagement” bis Ende 2023 umgesetzt werden (S. 15). Zusammen mit der Wirtschaft soll ein KI-Hub gegründet werden (S. 78).
  • Gesetzgebung: das One-In-One-Out-Verfahren soll angewendet werden (S. 13). “Für die Einbringung neuer Gesetzesentwürfe der Exekutive ist der Digitalcheck verpflichtend.” (S. 15).
  • Digitale Nachbarschaften: “Die Koalition unterstützt gemeinwohlorientierte Plattformen zur digitalen Vernetzung und Kommunikation in Nachbarschaften. Zudem prüft die Koalition Maßnahmen zur Unterstützung der Zivilgesellschaft beim digitalen Wandel.” (S. 110) “Der Anschluss aller öffentlichen Schulen an das gigabitfähige Breitbandnetz soll bis Ende der Legislaturperiode erfolgen.” (S. 40)

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