Demokratie braucht Zeit: Politik muss die Zeitautonomie zurückgewinnen
Wer kennt die Situation nicht. Aus welchen externen Gründen auch immer: bis morgen muss entschieden werden. Egal wie wichtig die Frage ist. Die Zeitpläne für (politische) Entscheidungen liegen zu oft nicht in den Händen der EntscheiderInnen. Ich habe dies im Berliner Abgeordnetenhaus, aber ebenso in der BVV in Berlin oder im deutschen Bundestag erlebt. Die Situation in den griechischen Volksvertretungen habe ich nur aus der Presse verfolgt, aber sie war bzgl. der (“diktierten”) Rettungspakete sicher einer der aktuellen Höhepunkte dieser Entwicklung.
Während einige “Netzaffine”, im Internet eine Möglichkeit sehen, sogar noch schneller und angeblich demokratischer zu entscheiden, sehe ich die Entwicklung mit Sorge. Die demokratischen Errungenschaften der Herrschaft über Zeitleisten und die Verlangsamung von Entscheidungsprozessen seit der griechischen Antike werden heute oft mit Füßen getreten. Die mehrfachen (und zeitlich gestreckten) Lesungen für wichtige Gesetze und Entscheidungen schützen sicher nicht vor falschen Entscheidung. Aber zurück zur “spontanen” Marktplatzdemokratie sollte uns der Kapitalismus und die täglichen Sachzwänge nicht “führen.
Demokratie lebt davon, dass sich viele Menschen beteiligen. Doch die massive Beschleunigung der Entscheidungen (bspw. im Deutschen Bundestag) sind dazu geeignet die Menschen abzuhängen. Schon die gewählten Abgeordneten sind kaum in der Lage die vielen Entscheidungen zu denken. Die gut organisierte Arbeitsteilung führt dazu, dass Entscheidungen oft nur von wenigen getroffen werden.
Deutlich wird dies dann inbesondere in Krisenzeiten: die fehlende Gelegenheit ein Thema mal in Ruhe zu durchdenken, führt sicher nicht zu fundierteren Entscheidungen.
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